Nur mit Partnerschaften und Investitionen können wir die Impfquote in Entwicklungsländern steigern und neuen Krankheiten die Stirn bieten. Dafür will die EIB eine Produktion in Afrika aufbauen
Trotz Milliardeninvestitionen und hehrer Ziele sind in den Entwicklungsländern noch immer viel zu wenig Menschen gegen Corona geimpft.
Im September 2021 wollte die Weltgesundheitsorganisation bis Mitte 2022 rund 70 Prozent der Weltbevölkerung impfen. Acht Monate später hatten in den meisten einkommensstarken Ländern deutlich über 70 Prozent der Menschen mindestens einen Piks bekommen – aber in einkommensschwachen Ländern oft noch nicht einmal 15 Prozent.
Deshalb investiert die Europäische Investitionsbank viel Zeit und Geld, um die Impfstoffverteilung auszubauen. Und gleichzeitig hält sie nach Unternehmen Ausschau, die internationale Impfstoffe vor Ort herstellen können. Ihr Ziel: Der Aufbau einer wahrhaft globalen Produktionskapazität für Impfstoff gegen Corona und künftige Krankheiten.
Dazu arbeitet die Bank der EU eng mit der Europäischen Kommission, der Weltgesundheitsorganisation, der Koalition für Innovationen in der Epidemievorsorge und anderen Gruppen aus dem Gesundheitsbereich zusammen. Im Juni 2021 vergab die EIB 30 Millionen Euro an Univercells. Das Biotech-Unternehmen will in großer Menge Coronaimpfstoffe in einer neuen Fabrik in Belgien produzieren und weltweit Werke für Vakzine aufbauen. Im April 2022 gab die Bank IRBM einen Kredit über 15 Millionen Euro – mit dem Geld wird der italienische Spezialist für biomedizinische Forschung seine Produktionskapazität für Impfstoff hochfahren und die Forschung zum Coronavirus und anderen Krankheiten intensivieren.
Globale Beratung, lokale Produktion
Die EIB hilft Afrika und anderen Regionen, Impfstoffe vor Ort zu produzieren. Aktuell importiert der Kontinent 99 Prozent seiner Impfstoffe. Hier soll eine neue Impfstofffabrik am Institut Pasteur in Dakar Abhilfe schaffen. Sie ist Teil der Strategie, afrikaweit die gravierende Lücke in der Produktion und Verteilung zu schließen.
„Die Covid-19-Pandemie zeigt, dass in Afrika mehr geimpft werden muss“, sagt Dr. Amadou Sall, der Leiter des Instituts. „Nur so können wir Übertragungen stoppen und schwere Krankheitsverläufe verhindern.“
Das Institut Pasteur Dakar will ab Ende 2022 monatlich 25 Millionen Dosen eines Covid-19-Impfstoffs in Senegal herstellen. Damit ist es ein wichtiger Teil der von der Afrikanischen Union und den Africa Centres for Disease Control and Prevention beschlossenen Impfstrategie.
„Afrika ist bei der Impfstoffproduktion und -versorgung vollständig auf andere Länder angewiesen“, so Ramon Ynaraja, der Vertreter der EIB in Senegal. „Deswegen ist diese Fabrik für Afrika so wichtig.“
Um der neuen Anlage zügig aus den Startlöchern zu helfen, stellen die Bank, die Europäische Kommission und einzelne Länder Zuschüsse, technische Hilfe und Fortbildungen bereit. Deutschland steuert 20 Millionen Euro als Zuschuss bei, um ein regionales Pharmazentrum aufzubauen. Belgien beteiligt sich daran mit technischer Hilfe, und Frankreich stellte knapp zwei Millionen Euro für Machbarkeitsstudien bereit.
Die Europäische Union unterstützt das Institut Pasteur in Dakar mit einem Paket von fast 100 Millionen Euro. Es enthält zwei Darlehen der EIB von 75 Millionen Euro und von 20 Millionen Euro sowie einen Zuschuss der Europäischen Kommission von 4,75 Millionen Euro.
Die EIB stockt ihre Beiträge zu COVAX, einer weltumspannenden Initiative für mehr Impfungen in Entwicklungsländern, immer wieder auf. Zusätzlich zu den bereits zugesagten 900 Millionen Euro kündigte sie im April 2022 eine weitere Milliarde Euro an. Die bisherige Bilanz von COVAX: rund 1,5 Milliarden Covid-19-Impfdosen für 145 Länder.
Eine Milliarde für Afrika
Die Unterstützung der EIB für die neue Fabrik in Dakar ist Teil eines 1-Milliarde-Euro-Pakets für Impfstoffe, Arzneimittel und Gesundheitstechnologien in Afrika. Es wurde 2021 auf dem Weltgesundheitsgipfel der G20 in Rom beschlossen, damit mehr Gesundheitsprodukte direkt in Afrika hergestellt und zugänglich gemacht werden können.
Weitere wichtige Bestandteile des Programms sind der Technologietransfer und die Einrichtung regionaler Produktionszentren. Die Europäische Kommission führt zurzeit Gespräche über zusätzliche Produktionsstätten in Südafrika, Ägypten, Marokko und Ruanda.
Anfang 2022 sagte die EIB zusammen mit acht weiteren Entwicklungsinstitutionen zu, Biovacs Ausbau der Impfstoffherstellung zu unterstützen. Das südafrikanische Pharmaunternehmen hat Mitte 2021 eine Zusammenarbeit mit Pfizer bekannt gegeben, um den mRNA-Impfstoff von BioNTech in Kapstadt zu produzieren. Dort soll eine Produktionskapazität von mindestens 100 Millionen Dosen für die Verteilung in Dutzende afrikanischer Länder auf die Beine gestellt werden.
Eine Investition in die globale Gesundheitssicherheit
Die EIB sucht permanent neue Wege, um die Impfstoffproduktion in Europa und darüber hinaus auszubauen. Mitte 2021 diskutierten die Präsidenten von Ruanda und Senegal in Deutschland mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EIB-Präsident Werner Hoyer darüber, wie sich mehr Impfstoff an mehr globale Standorte bringen lässt.
Mit dabei waren auch Vertreterinnen und Vertreter von BioNTech, das mit finanzieller Förderung der EIB den ersten und führenden mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 entwickelte. Bei dieser Gelegenheit bestätigte BioNTech, Impfstoffe in Afrika herstellen zu wollen, in einem ersten Schritt möglicherweise in Senegal und Ruanda. Geplant ist, dafür die Marburger BioNTech-Anlagen zu kopieren. Auch globale Partner hat die EIB bereits kontaktiert, um die Möglichkeiten der Impfstoffherstellung in Ghana und Benin zu erkunden.
Nur im Team „können wir die Pandemie überwinden und eine stärkere Zukunft für Afrika und Europa aufbauen“, so von der Leyen nach dem Treffen in Deutschland.