Ohne finanzielle Hilfe kann man solche Projekte nicht durchziehen, vor allem nicht in schwierigen Zeiten.
Das Land der Kleopatra, des Tutanchamun und der Großen Pyramide steht vor allen Herausforderungen eines großen Entwicklungslandes – von fehlenden Arbeitsplätzen für eine wachsende junge Bevölkerung bis zu Umweltverschmutzung und den Folgen des Klimawandels. Mit Investitionen in kleine Unternehmen hält Ägypten dagegen. Und mit großen Infrastrukturprojekten: für eine bessere Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Bewässerung und Landwirtschaft und für weniger Emissionen durch veraltete Fabriken und Verkehrsnetze.
Die EIB hat diese Projekte seit 1979 mit über 15 Milliarden Euro gefördert, meist flankiert von EU-Zuschüssen oder -Garantien. Im Oktober 2023 wurde das Kairoer Büro der EU-Bank zum Regionalzentrum aufgewertet, zuständig für Nordafrika und den Nahen Osten. Es ist eine wichtige Drehscheibe der EIB Global, des Geschäftsbereichs der EIB für Projekte außerhalb der EU. Die Investitionen der EIB reichen von großen Wassernetzen bis zu Krediten an ägyptische Banken, die diese an Kleinunternehmende weiterreichen – wie etwa Rasha Mohamed, hinter deren Laden ein viel größerer Kredit der EIB an den Mikrofinanzspezialisten Banque du Caire steht.
Verkehr ohne Autos
Klima- und Umweltschutz sind wichtige Themen in ägyptischen Großstädten wie Kairo. Nur wenige Städte der Welt sind so dicht besiedelt und haben so verstopfte Straßen. Die Dieselabgase und der Verkehr sind im wahrsten Wortsinne atemberaubend. Infrastruktur-Großprojekte in Stadt und Land sollen das ändern, darunter mehr elektrische U-Bahn-Linien, eine der längsten elektrischen Einschienenstrecken der Welt, ein elektrischer Hochgeschwindigkeitszug und ein neues Stadtbusnetz. Das Ziel: Millionen von Pendlerinnen und Pendlern sollen vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.
„Die U-Bahn ist sicher eines der größten Projekte in Ägypten“, meint Walid Al-Arif Billah. Der Schwimmlehrer mit IT-Hochschulabschluss wartet in Kairo auf eine U-Bahn der Linie 3. Diese Linie ist die modernste des Netzes, finanziert mit einem 600-Millionen-Euro-Kredit der EIB. „Die U-Bahn macht das Pendeln einfacher, sicherer und bequemer. Und die Fahrscheinpreise sind für die meisten noch erschwinglich.“
Kristeen Emad arbeitet im Fernsehturm Kairo in der Buchhaltung. Aus fast 200 Metern Höhe hat sie einen unvergleichlichen Panoramablick auf die Stadt. Für Emad ist die jüngste Modernisierung und Erweiterung der U-Bahn eine echte Erleichterung. „Die Straßen sind einfach zu voll“, sagt sie.
„Wenn viel Verkehr ist, nehme ich immer die U-Bahn, weil ich weiß, ich komme viel schneller und bequemer voran. Wo ich mit dem Auto oder im Bus eine Stunde brauche, bin ich mit der U-Bahn meist in einer halben Stunde da.“
Kairo hat seit 1987 eine U-Bahn – als eine der ersten Städte in Afrika und dem Nahen Osten. Mehrere Linien decken einen Großteil der Stadt ab und befördern Tag für Tag Millionen von Fahrgästen. Die EIB hat in über vier Jahrzehnten viele Teile des Ausbaus und weitere große Verkehrsprojekte gefördert. 2021 kündigte die Bank an, dass sie in den kommenden fünf Jahren mehr als eine Milliarde Euro in U- und Straßenbahnprojekte in Kairo und Alexandria investieren wird. Die Linie 3 ist so modern wie jede andere U-Bahn auf der Welt, mit Klimaanlage, Sicherheitsfeatures, Beleuchtung, modernen Ticketautomaten und Wagen nur für Frauen. 2023 arbeitete die Bank an einer neuen Finanzierung für den Ausbau und die Modernisierung der Linie 1.
„In Kairo können sich heute viele ein Leben ohne U-Bahn nicht mehr vorstellen“, betont Ahmed Beltagui. Der Ingenieur ist im Kairoer EU-Büro für Energie und Verkehr zuständig. „Aus wirtschaftlicher Sicht ist die U-Bahn sehr wichtig wegen der Staus, und damit die Menschen zur Arbeit kommen. Aber man spart auch viel Zeit. Mit dem Bus ist das eine ganz andere Geschichte.“
Lösungen für Alexandria
Alexandria hat ähnliche Probleme mit Staus und der Luftverschmutzung. Autos, dreirädrige Autorikschas und schwarz-gelbe russische Lada-Taxis verstopfen die vielen engen Straßen. Das Zug- und Straßenbahnnetz ist alt und marode. Zu den rund fünf Millionen Einwohnern kommen die Touristenschwärme, was die Mobilität nicht erleichtert.
„Man kommt kaum voran, vor allem in der Touristensaison, weil alles voller Autos ist“, schildert Walid Maneb die Lage. Der Profitaucher sitzt in einem Restaurant am Shatby-Strand, einem der vielen goldfarbenen Küstenabschnitte der Stadt. „Bessere Züge und Straßenbahnen wären für alle eine große Hilfe.“
Im September 2023 vergab die EIB einen Kredit über 750 Millionen Euro für die Sanierung von fast 22 Kilometern Schienennetz in Alexandria. Mit dem Geld werden neue Wagen angeschafft, die Bahnhöfe renoviert, neue Gleise verlegt und Züge von Diesel- auf Elektroantrieb umgerüstet. 2020 wurde bereits eine 13,8 Kilometer lange elektrische Straßenbahnlinie mit einem Kredit von 138 Millionen Euro modernisiert, neue Wagen und Antriebe inklusive. Die Stadt hat mehr als 30 Kilometer Straßenbahnnetz aus den 1860er-Jahren, viele Teile davon sind modernisierungsbedürftig.
„Wir müssen die Autos von der Straße holen, und wir müssen die Probleme von vielen Seiten zugleich angehen“, weiß Fatma Rashad, Generaldirektorin für wirtschaftliche Planung in der ägyptischen Verkehrsplanungsbehörde. Sie begleitet eine Gruppe globaler Entwicklungspartner in einem alten Dieselzug auf einer maroden, holprigen Schienenstrecke, die in den nächsten Jahren ersetzt wird.
Die Gäste sollen sehen, was in der Stadt alles verbessert werden muss, sagt Rashad auf ihrem Fensterplatz, nur einen Meter entfernt vom Führerhaus der Diesellok. „Wir haben einen langen Weg vor uns, aber ich bin optimistisch: Schon bald werden Verkehr und Luftverschmutzung stark zurückgehen.“
„Wir müssen in den Planeten investieren“
Mohamed Wael Nasser, der Leiter Produktentwicklung der Druckerei Roto House in einem Industriegebiet in Gizeh, rund 40 Kilometer westlich von Kairo, erzählt, dass es seine Kollegen manchmal nicht mehr hören können, wenn er über die Umwelt und den Kampf gegen die Erderwärmung redet oder darüber, wie wichtig sauberes Wasser in Ägypten ist. Nasser vertrat sein Unternehmen auf der UN-Klimakonferenz 2022. Ihm sind diese Themen sehr wichtig, sagt er, denn der Klimawandel kann die Zukunft seines Landes schwer beschädigen. Er weiß, dass die Wasserqualität des Nils vernachlässigt wird, dass das Land die meisten Nahrungsmittel einführt und dass der Klimawandel seine Wirtschaft und Landwirtschaft stärker bedroht als die der meisten anderen Länder.
„Ich hoffe darauf, dass andere Firmen unserem Beispiel folgen und auch andere an den Schutz unseres Planeten glauben“, bekennt Nasser, dessen Arbeitgeber einer der größten Verpackungsetikettier- und Druckereibetriebe Ägyptens ist. „Wir müssen auch in den Planeten investieren. Wir müssen dafür sorgen, dass es ihm gut geht.“
Nasser hat das Dach des Roto-House-Werks mehrreihig mit Solarmodulen bestückt. Sie liefern über zehn Prozent des Stroms. Roto House arbeitet viel mit Tinten und Chemikalien – man riecht es sofort, wenn man durch die große Fabrik läuft. Wenn diese Chemikalien sich verflüchtigen, kann dies für die Beschäftigten und die Umwelt schädlich sein. Das neue Reinigungssystem der Firma für Tanks, Lüftungs- und andere Leitungen entfernt deshalb gefährliche Dämpfe, bevor sie freigesetzt werden. Es verringert auch die Geruchsbildung der Chemikalien im Werk und beugt Atemwegsbeschwerden vor.
Hinter all diesen Umweltschutzmaßnahmen von Roto House steht ein Kredit, der ähnlich ist wie der EIB-Kredit über 15 Millionen Euro an die Bank of Alexandria aus dem Jahr 2023. Letzterer kommt aus der Green Economy Financing Facility, die grüne Energie in ägyptischen Unternehmen fördert. Beide Kredite an die Bank of Alexandria sind von EU-Zuschüssen für technische Hilfe begleitet, um grüne Investitionen zu beschleunigen.
Mehr Teilhabe und Mikrofinanzierungen
Eine ägyptische Bank, die kleinen Unternehmen unter die Arme greift, ist die Banque du Caire. Sie ist einer der größten Mikrofinanzanbieter des Landes und setzt sich für mehr Teilhabe, die Entwicklung des Gemeinwesens und eine Stärkung von Unternehmerinnen und Unternehmern ein. Die EIB vergab im Februar 2023 einen Kredit von 70 Millionen Euro an das Institut, damit es mehr Kredite an kleinere Betriebe in Kairo und Alexandria ausreichen kann, die nur schwer an Geld kommen.
Mit einem dieser Mikrokredite eröffnete Rasha Mohamed im Jahr 2022 ihr Kleidergeschäft vor den Toren Kairos. Die Bank riet ihr, das Geschäft in einem belebten dreistöckigen Einkaufszentrum zu eröffnen, zwischen Bäckereien, Haushaltswarenläden, einem Schneider, einem Schuhgeschäft, einem Lebensmittelladen, einem Café und anderen Bekleidungsgeschäften. Das Einkaufszentrum liegt im Westen der Metropolregion Kairo, in der Stadt des 6. Oktober, einer Neugründung mitten in der Wüste, in der Studierende, junge Erwachsene und Neuankömmlinge etwa aus Syrien oder dem Irak leben.
„Das Geschäft ist genau, was ich wollte“, sagt Mohamed. Die Wände sind vom Boden bis zur Decke voll mit Kleidung in allen Farben. An einer kleinen Theke gibt es türkischen Kaffee oder Tee. „Langsam kommen die Kunden, und ich mache auch Werbung in den sozialen Medien. Aber ohne den Kredit wäre das alles nicht möglich.“