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The findings, interpretations and conclusions are those of the authors and do not necessarily reflect the views of the European Investment Bank

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GEGENSÄTZE

Ich war wie hypnotisiert: Meine Augen konnten sich nicht von dem Anblick lösen, der sich mir durch ein altes Fenster bot. Der Blick auf die kleine kosovarische Ortschaft Shtupel unten im Tal glich einer Szene aus einem Bruegel-Gemälde. Am Horizont zeichneten sich verschwommen einige Hügel ab, darunter lagen ein paar verschneite Häuser, deren Holzfragmente aus dem Weiß ragten.

Die einzige Bewegung in diesem Bild waren die hellgrauen Rauchfahnen, die sich über den Hausdächern in den Himmel schlängelten.

„Verstehst Du, warum?“ – „Was?“ fragte ich meinen Dolmetscher und tat so, als wäre ich mit den Gedanken nie abgeschweift, den Blick fest auf meinen Kaffee gerichtet, um dem bohrenden Blick von Adela zu entgehen, einer Roma, die hier im Kosovo geboren ist.

„Verstehst Du, warum ich nie von hier wegziehen würde – obwohl meine ganze Familie von den Serben und von den Albanern verfolgt wurde, weil uns beide für Verräter hielten, die mit der anderen Seite kollaborierten?“ Während Nikolino, mein Dolmetscher, sprach, schaute ich unwillkürlich zu Adela. Sie hielt ihr jüngstes Kind fest im Arm. Ihre anderen Kinder behielt sie mit ihren großen, flinken Augen im Blick. Adelas Augen waren so schwarz wie der Obsidian, den ich als Kind in den Ferien mit meiner Familie auf Salina, einer der Äolischen Inseln vor Sizilien, gesehen hatte. Es kostete mich enorme Anstrengung, meine Gedanken wieder zu sammeln.

Schließlich fuhr ich mit meiner Erklärung fort. Ich sagte Adela, wann und wie ihr Dach mit den vom italienischen Caritasverband gesammelten Spenden repariert würde, sodass sie und ihre Familie weiter hier leben konnten – hier in diesem kleinen Paradies. Später drehte Adela meine Kaffeetasse für einige Minuten um. Bevor ich ging, verriet sie Nikolino mit einem breiten Lächeln, was sie im Kaffeesatz gelesen hatte: dass eine leuchtende Zukunft auf mich wartete. Ich lächelte ebenfalls.

©DaveLongMedia/ Getty Images

Verstehst Du, warum ich nie von hier wegziehen werde – obwohl meine ganze Familie verfolgt wurde?

Die zweite prägende Erinnerung an meinen ersten Besuch des Westbalkans[1] im Jahr 1999 war der kalte Winter und der seltsame Geruch, der in der dünnen Luft hing. Ich bin in einem modernen Vorort von Mailand aufgewachsen, in dem es schon Gasheizungen gab. Den Geruch von Kohle- oder Dieselheizungen im Winter hatte ich als Kind also nie erlebt. An diesem Tag musste ich nach Pristina, um den Kauf einer großen Menge Bauholz auszuhandeln.

Ich verließ mein Haus in Klina schon früh am Morgen, das Außenthermometer zeigte minus 28 Grad. In dieser Kälte bildete der blaue Himmel an diesem sonnigen Tag einen starken Kontrast zu dem grellen Weiß der verschneiten Hügel. Bald nachdem ich den russischen Kontrollpunkt passiert hatte und mich Pristina näherte, wurde das Blau auf einmal heller, und nicht weit zur Linken stiegen graue Schwaden auf. Eines der größten Braunkohlekraftwerke der gesamten Region lief damals auf Hochtouren. Das tut es auch heute noch, mit einer Erzeugungsleistung von mehr als 1 300 Megawatt und einem beißenden Gestank, der mir immer noch gegenwärtig ist. In Pristina sah ich zum ersten Mal mit eigenen Augen die Gegensätze im Westbalkan.

Auf der einen Seite kohlegeschwängerte Luft wie hier in der Stadt, auf der anderen Seite die unberührte, wilde Schönheit der Natur. Pluralistische Einheit damals, erbitterter Nationalismus heute. Hier der Fortschritt moderner Architektur und kultureller Zentren im Schnittpunkt zwischen Mittel- und Osteuropa, da der Verfall infolge beispielloser, unmenschlicher Konflikte oder versäumter Investitionen. Dynamische, ambitionierte und optimistische Unternehmer als Gegenpol zu desillusionierten Menschen in den Bars, die bei Kaffee und Zigaretten stundenlang über Korruption und eine tragische Vergangenheit lamentierten. Mir kam das an der Schwelle zum neuen Jahrtausend befremdlich vor.

 

Mehr als 20 Jahre sind seit den Konflikten Ende der 1990er-Jahre vergangen. Die Menschen im Westbalkan haben viel getan, um das Unheil hinter sich zu lassen.

©Pjeter Gjergjaj / EyeEm/ Getty Images

Mehr als 20 Jahre sind seitdem vergangen, und die Menschen im Westbalkan haben viel getan, um das Unheil der Konflikte Ende der 1990er-Jahre hinter sich zu lassen. Sie, die Menschen, und die Institutionen haben wiederholt ihren Wunsch bekräftigt, Teil der Europäischen Union zu werden. Und sie haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um diesen Traum zu verwirklichen. Auch wenn der Weg dahin noch lang ist, an seinem Ende stehen Ziele, die die Mühe lohnen: einen Lebensstandard wie Mailand, Lyon oder Stuttgart erreichen und nicht wegziehen müssen – auf der Suche nach einer neuen beruflichen Chance oder einer besseren Schule für die Kinder.

>@Shutterstock
© Shutterstock

The European Union has introduced policies to support the gradual integration of the Western Balkan countries with the Union. On 1 July 2013, Croatia became the first of the seven countries to join, and Montenegro, Serbia, the Republic of North Macedonia and Albania are official candidates. Accession negotiations and chapters have been opened with Montenegro and Serbia, and Bosnia and Herzegovina and Kosovo are potential candidate countries (as of June 2020). Source: European Parliament.

Die EIB hat im Westbalkan in den vergangenen 20 Jahren viel geleistet, und ich bin stolz, dass ich dazu beigetragen habe. Seit 2000 hat die EIB mit rund 11 Milliarden Euro Verkehrsinfrastruktur finanziert, die Menschen und Regionen verbindet. Ein gutes Beispiel ist der Aufbau der paneuropäischen Verkehrskorridore X und Vc, die durch den Westbalkan verlaufen. Korridor X führt von Salzburg in Österreich bis ins griechische Thessaloniki – 2 300 Kilometer Straße und mehr als 2 500 Kilometer Eisenbahnschienen, die zwölf Flughäfen und vier See- und Flusshäfen miteinander verbinden. 750 Millionen Euro stellte die EIB dafür bereit. Der 702 Kilometer lange Korridor Vc (Europastraße 73) verbindet Ungarn mit Kroatien und mit Bosnien und Herzegowina und schließt auch die neue Brücke über die Save bei Svilaj an der bosnisch-kroatischen Grenze ein. Er wurde bisher mit einer Milliarde Euro gefördert. Bauprojekte wie diese lassen den Westbalkan noch näher an Europa heranrücken.

Des Weiteren unterstützen wir ausländische Unternehmen. Fiat etwa erhielt 500 Millionen Euro für sein Fiat-500-Werk im serbischen Kragujevac. Zudem helfen wir Banken vor Ort, damit sie Kredite an kleine Unternehmen aus der Region vergeben können. Und wir fördern die Stadtentwicklung. Mit acht Millionen Euro gestaltete Tirana die Straßen und Infrastruktur an den Ufern der Lana neu. Die Ziele: die Erneuerung und Belebung der umliegenden Gebiete und die Sanierung des Entwässerungssystems, um die Lebensqualität zu erhöhen und das Gebiet vor Überschwemmungen zu schützen.

 

Seit 2000 hat die EIB mit rund 11 Milliarden Euro Verkehrsinfrastruktur finanziert, die Menschen und Regionen verbindet.

©bibiphoto/ Shutterstock

FIAT-FABRIK IM SERBISCHEN KRAGUJEVAC

DIE EIB IM WESTBALKAN

Im Jahr 2018 förderte die EIB mit einem 100-Millionen-Euro-Kredit den sicheren Wasserverkehr auf Donau und Save in Serbien – eine bedeutende Investition in ein starkes Europa, das zusammenwächst. Die Donau, so schrieb der in Triest geborene Literaturprofessor und Schriftsteller Claudio Magris 1986 in seinem gleichnamigen Buch, liege im Zentrum des deutschen, magyarischen, slawischen und jüdischen Mitteleuropas, das gemeinsam zur Niederlage des Dritten Reichs beigetragen habe. Viele Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnten dank des Donauprojekts mehrere Schiffswracks aus der Zeit um 1944 geborgen werden, als sich das Dritte Reich der wachsenden Gegenwehr der Roten Armee entlang der Donau gegenübersah. Vor allem aber bindet die Modernisierung der Flussinfrastruktur Europa enger an Serbien, denn der Transport über Binnenwasserwege ist effizienter und umweltfreundlicher als per Schwerlaster auf der Straße. Die Kluft zwischen der Europäischen Union und dem Westbalkan ist allerdings immer noch zu groß. Das durchschnittliche Pro-Kopf-BIP beträgt oft weniger als ein Drittel der deutschen Wirtschaftsleistung. Und bei der aktuellen Wachstumsrate in Europa und im Westbalkan wird es mindestens zwei Generationen dauern, bis beide Regionen gleichauf liegen. Das belegen wirtschaftliche Studien. Gleichzeitig ist die Luftverschmutzung in Städten wie Pristina in Kosovo, Skopje, Tetovo und Bitola in Nordmazedonien oder Zenica, Tuzla und Sarajevo in Bosnien und Herzegowina oft dreimal so hoch wie in den am stärksten verschmutzten Städten in Europa. Bei den Indizes zur Infrastrukturentwicklung, also etwa Eisenbahndichte, installierte Stromerzeugungsleistung und Breitbandausbau, sind die Zahlen dagegen im Schnitt nicht einmal halb so hoch. Auch auf Ebene der Rechtsnormen (Beschaffung, Autonomie der öffentlichen Verwaltung, Unabhängigkeit und Effektivität der Justiz, Korruptionsbekämpfung usw.) und ihrer Umsetzung erreicht die Region noch immer nicht europäische Standards.

©Leonid Andronov/ Shutterstock

DER VARDAR IN SKOPJE, NORDMAZEDONIEN

Die Kluft zwischen der Europäischen Union und dem Westbalkan ist immer noch zu groß.

Angesichts dieser Ausgangslage freut es mich umso mehr, dass die EIB der Region nicht den Rücken kehrt. Seit der Einrichtung ihrer Initiative zur Stärkung der wirtschaftlichen Resilienz in der südlichen Nachbarschaft und im Westbalkan im Jahr 2016 arbeitet die Bank daran, in der Region mehr zu bewirken und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.

Mit technischer Hilfe für bessere Investitionen steht sie bereit, um Lücken in der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur zu schließen. Impulse für den Privatsektor sollen Wachstum und Beschäftigung stärken und damit die Wirtschaft in der gesamten Region widerstandsfähiger machen. Im Mittelpunkt der Maßnahmen der Bank stehen derzeit lokale Investitionen in bessere Lebensbedingungen und in eine modernere Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Abfallbewirtschaftung. Auch Zuschüsse stehen zur Finanzierung zur Verfügung. Länder wie Bulgarien, Kroatien, Italien, Litauen, Luxemburg, Polen, die Slowakei, Slowenien und das Vereinigte Königreich helfen finanzschwachen Ländern bei der Finanzierung wichtiger Infrastruktur. So erhielt Skopje zehn Millionen Euro für seine erste Kläranlage.

Die EIB steuerte 68 Millionen Euro bei, weitere 58 Millionen Euro kamen von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Damit gelang es, dieses ambitionierte Projekt gemeinsam mit der Regierung von Nordmazedonien umzusetzen.

Die Kläranlage für die rund 500 000 Einwohnerinnen und Einwohner von Skopje macht die Stadt deutlich nachhaltiger und lebenswerter. Endlich werden keine unbehandelten Abwässer mehr in den Vardar geleitet. Ein saubererer Fluss bedeutet bessere sanitäre Verhältnisse, eine bessere öffentliche Gesundheit und eine bessere Umwelt. Da der Vardar auch durch Nordgriechenland fließt, dürften die positiven Effekte auch dort zu spüren sein.

©Makic Slobodan/ Shutterstock

THE SAVA RIVER BRIDGE CONNECTS THE CITIES OF BOSANSKI AND SLAVONSKI BROD, AND TWO COUNTRIES – BOSNIA AND HERZEGOVINA, AND CROATIA.

Länder wie Bulgarien, Kroatien, Italien, Litauen, Luxemburg, Polen, die Slowakei, Slowenien und das Vereinigte Königreich helfen finanzschwachen Ländern bei der Finanzierung wichtiger Infrastruktur.

KLIMASCHUTZ UND COVID-19

Wer Europa bis 2050 klimaneutral machen will, kommt an den drängenden Umweltproblemen im Westbalkan nicht vorbei. Die Luftverschmutzung durch die veralteten und ineffizienten Kohlekraftwerke in der Region ist in mehreren Städten des Westbalkans für bis zu 20 Prozent der vorzeitigen Todesfälle verantwortlich.

Da die Luftverschmutzung keine Grenzen kennt, belastet sie natürlich auch die Nachbarländer. Wer nichts gegen diese Probleme tut, gefährdet die Bemühungen anderer europäischer Länder, ihre Luft durch die Senkung der Schadstoffemissionen sauber zu halten.

Erschwerend kommt hinzu, dass das dringend benötigte Wirtschaftswachstum der Region die Nachfrage nach Energie zusätzlich nach oben treiben dürfte. Hier sind die Europäische Union und die EIB gefragt: Sie müssen ihre Anstrengungen verstärken, um Lösungen für die Klimakrise im Westbalkan zu finden. Dazu gehört auch ein gerechter Übergang – so wie er den Regionen in Europa ermöglicht wird, die stark von fossilen Energieträgern abhängig sind. Entscheidend wird sein, Synergien zwischen einer grünen und einer digitalen Agenda für die Region zu finden.

Investitionen in die Digitalisierung und in eine effizientere Energienutzung verbessern die Lebensbedingungen und fördern ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das sich zunehmend vom proportional steigenden Energieverbrauch entkoppelt. Aufgabe der EIB wird sein, die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu fördern. Die Bank muss eine langfristigere, sauberere und nachhaltigere Alternative zu dem Kurs in anderen Ländern bieten – etwa in Bosnien und Herzegowina, das gerade mit chinesischer Hilfe in ein neues 450-Megawatt-Wärmekraftwerk investiert.

Der Blick nach vorne macht Hoffnung – Hoffnung auf eine bessere und grünere Zukunft des Westbalkans.

© Srdjan Stevanovic/ Getty Images

A MAN HOLDS A CROSS DURING A SNOWSTORM IN BELGRADE IN MARCH 2020.

Die EIB kann bei der Ausweitung des europäischen Grünen Deals auf den Westbalkan auf ihr Know-how und ihre Erfahrung zurückgreifen und der Region helfen, in naher Zukunft den Weg von einer CO2-intensiven Wirtschaft zur Klimaneutralität zu finden.

Die EIB kann bei der Ausweitung des europäischen Grünen Deals auf den Westbalkan auf ihr Know-how und ihre Erfahrung zurückgreifen und der Region helfen, in naher Zukunft den Weg von einer CO2-intensiven Wirtschaft zur Klimaneutralität zu finden. Covid-19 und seine vielen Todesopfer weltweit zeigen, dass dies nötig ist. Denn die Wirkung des Virus wird durch Atemwegserkrankungen oft zusätzlich verschärft. CO2-Neutralität sowie die Verringerung von Smog, Staub und Luftverschmutzung sind für die Länder des Westbalkans also unvermeidbar, wenn sie ihre Lebensqualität verbessern wollen.

Corona zeigt auch, wie wichtig für die Menschen in Europa und in aller Welt effiziente Zivilschutzmaßnahmen und entsprechende Ausrüstung und Infrastruktur sind. Auch muss eine funktionierende öffentliche Gesundheitsinfrastruktur mit Intensivpflegeeinrichtungen, Testlabors, Informationstechnologie, Logistik und Nachverfolgungsmöglichkeiten vorhanden sein, um Epidemien schnell unter Kontrolle zu bekommen.

In Europa und im Westbalkan wurden die Investitionen in diese Infrastruktur oft aufgeschoben, vernachlässigt oder zurückgefahren. Viele Ärzte, Wissenschaftlerinnen und Pflegekräfte aus der Region haben ihr Land verlassen, weil sie anderswo mehr verdienen oder dort eine bessere Ausrüstung und Infrastruktur vorfinden und sich ein besseres Privat- und Familienleben aufbauen können. Covid-19 stellt die Verantwortlichen jetzt vor eine klare Aufgabe: Sie müssen sich in Zukunft besser vorbereiten. Die EIB mit all ihrer Erfahrung bei der Finanzierung wichtiger Gesundheitsprojekte in Europa und in aller Welt könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.

© Anadolu Agency/ Getty Images

MONTENEGRIN ARTISTS PAINTING ON ROOFS IN PODGORICA DURING THE COVID-19 PANDEMIC.

Die Pandemie hat die ohnehin schon fragile, exportorientierte Wirtschaft in der Region in Mitleidenschaft gezogen. Die EIB ist seit mehr als 40 Jahren im Westbalkan tätig und steht nun bereit, ihr Engagement noch zu verstärken.

Die EIB hat den Gesundheitssektor in der Region bisher schon umfangreich unterstützt. Mehr als 400 Millionen Euro hat sie für neue Krankenhäuser und Labors in Serbien sowie Bosnien und Herzegowina bereitgestellt. Nun werden neue Investitionen in Kosovo, Montenegro und Nordmazedonien geprüft, um ein besseres Gesundheitssystem zu schaffen, das einen gleichberechtigten Zugang für alle gewährt.

Außerdem müssen die Pandemiebereitschaft und die Reaktionsfähigkeit in der Region verbessert werden.

Die Pandemie hat die ohnehin schon fragile, stark exportorientierte Wirtschaft in der Region in Mitleidenschaft gezogen. Wie schwer die Folgen für die Wirtschaft auf kurze, mittlere und lange Sicht genau sein werden, lässt sich noch nicht abschätzen. Die pessimistischsten Szenarien sagen eine bedrohliche Rezession für die Region voraus, deren Wachstum vorher schon zu schwach war, um innerhalb einer Generation wirtschaftlich zu Europa aufzuschließen.

Landesweit verordnete Lockdowns im Kampf gegen Covid-19 und Zahlungsstopps haben die Unternehmen der Region schwer getroffen. Geschäftswelt, Versorger, Kommunen und andere Einrichtungen stehen plötzlich ohne Einnahmen da und haben damit oft keine Mittel, um Löhne und Rechnungen zu bezahlen – von den Steuern ganz zu schweigen. Um das System am Laufen zu halten, müssen restriktive Beschränkungen gelockert, der Wirtschaft Liquidität zugeführt und Investitionen sorgfältig vorbereitet und umgesetzt werden. Nur so kommen Wirtschaft und Gesellschaft nach Ende der Einschränkungen wieder auf die Beine.

Die EIB steht bereit, ihre finanzielle Unterstützung zu erhöhen – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Sie sollen in der Lage sein, ihr Personal zu halten und diese beispiellose Krise zu überstehen, um am Ende stärker und produktiver aus ihr hervorzugehen.

© skynesher/ Getty Images

Wie EIB-Präsident Werner Hoyer auf dem EU-Westbalkan-Gipfel im Mai 2020 bekannt gab, hat die EIB ein Sofortpaket von 1,7 Milliarden Euro für den Gesundheitssektor und für KMU geschnürt. 500 Millionen Euro sind für den öffentlichen Sektor in Ländern bestimmt, in denen es bereits nationale Förderinstitute gibt. Im Mittelpunkt dabei stehen unter anderem die Bereiche Gesundheit, Zivilschutz und KMU.

Mit 400 Millionen Euro sollen über lokale private Finanzinstitute kleine und mittlere Unternehmen in der Region gefördert werden.

Parallel zu ihrer Antwort auf die Coronakrise wird die Bank außerdem mit 800 Millionen Euro verstärkt Investitionen vorantreiben, die die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Westbalkan insgesamt verbessern.

Die EIB ist seit mehr als 40 Jahren im Westbalkan tätig und steht nun bereit, ihr Engagement noch zu verstärken. Das Ziel ist klar: die Lebensbedingungen der Menschen in der Region verbessern und den Lebensstandard auf das Niveau der Europäischen Union anheben. Machen wir weiter, damit aus dieser Hoffnung Wirklichkeit wird.

1) Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien und Kosovo*.

* Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status und steht im Einklang mit der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovos. * Die Europäische Union hat eine Politik zur Unterstützung der schrittweisen Integration der Länder des westlichen Balkans in die EU entwickelt. Am 1. Juli 2013 trat Kroatien als erstes der sieben Länder bei, Montenegro, Serbien, die Republik Nordmazedonien und Albanien sind offizielle Bewerberländer. Mit Montenegro und Serbien wurden Beitrittsverhandlungen aufgenommen und Verhandlungskapitel eröffnet. Bosnien und Herzegowina sowie das Kosovo sind potenzielle Bewerberländer (Stand: Juni 2020). Quelle: Europäisches Parlament.

© Alla Simacheva/ Shutterstock