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Zwei Drittel der Menschen in Deutschland erwarten laut EIB-Umfrage, dass sie wegen des Klimawandels ihre Lebensweise ändern müssen

11 November 2024
©Allain Bachellier/ Getty images

Sechs von zehn Deutschen (63%) rechnen damit, dass der Klimawandel sie zwingt, ihre Lebensweise zu ändern. Das geht aus der jüngsten jährlichen Klimaumfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB) hervor. Die Menschen in Deutschland sehen den Klimawandel als die drittgrößte Herausforderung für ihr Land nach Migration und höheren Lebenshaltungskosten. Viele sind überzeugt: Wer jetzt mehr in Klimaanpassung investiert, vermeidet höhere Kosten in der Zukunft.


Die wichtigsten Ergebnisse

  • 92 % der Befragten in Deutschland halten Klimaanpassung in ihrem Land für wichtig; 40 % von ihnen sagen, das Thema müsse Priorität haben
  • 77 % sagen: Jetzt in Klimaanpassung zu investieren, beugt höheren Kosten in der Zukunft vor

Im September sorgte Sturmtief Boris in Ost- und Südostdeutschland für extreme Regenfälle und Überschwemmungen. Vor allem in Sachsen erreichten die Flüsse gefährliche Pegelstände.

Naturkatastrophen werden häufiger und heftiger. Der Klimawandel fordert einen zunehmend höheren wirtschaftlichen Tribut. Und Wissenschaftler warnen, dass solche Katastrophen immer teurer werden dürften. Laut einem Bericht der Europäischen Umweltagentur[1] ist Europa aktuell der Kontinent mit der stärksten Erwärmung, und mit steigenden Temperaturen dürfte auch Extremwetter häufiger werden. Das gefährdet  die Infrastruktur und bedroht die Stabilität der Wasser- und Lebensmittelversorgung weltweit. Und es zeigt, dass wir dringend umfassende Anpassungsstrategien brauchen.

EIB-Vizepräsidentin Nicola Beer: „Unwetter und Überschwemmungen, wie das Sturmtief Boris sie brachte, zeigen: Wir müssen dringend handeln. Die Europäische Investitionsbank hilft Deutschland, klimaresilient zu werden. So haben wir zum Beispiel das Investitionsprogramm der Berliner Wasserbetriebe gefördert, um eine sichere, zuverlässige Wasserversorgung der Hauptstadt zu gewährleisten. Die Modernisierung und Sanierung der Wasser- und Abwasseranlagen verbessert die Wasserqualität für 4,4 Millionen Menschen. Wenn wir diese Systeme klimafest machen, können wir auch in Zukunft in lebendigen Städten und Gemeinden leben. Die Investitionen schaffen Arbeitsplätze vor Ort und ein resilienteres, gesünderes Umfeld für die Menschen.“

Die EIB veröffentlicht heute ihre siebte jährliche Klimaumfrage. Darin äußern sich mehr als 24 000 Menschen in der EU und in den USA zum Klimawandel. In Deutschland haben 1 008 Befragte im August 2024 an der Umfrage teilgenommen.

Wichtiges Thema

Deutsche sehen den Klimawandel als die drittgrößte Herausforderung für ihr Land nach der Migration und höheren Lebenshaltungskosten.

In diesem Zusammenhang gab es folgende Ergebnisse:

  • 92 % der Menschen in Deutschland (EU-Durchschnitt: 94 %) halten eine Anpassung an den Klimawandel für notwendig. Für 40 % (EU-Durchschnitt: 50 %) hat die Klimaanpassung in Deutschland in den kommenden Jahren Priorität.

Die Klimaanpassung wird auch als wirtschaftliche Chance und langfristige Investition für das Land verstanden:

  • 78 % sagen, Investitionen in Klimaanpassung könnten Arbeitsplätze schaffen und die lokale Wirtschaft ankurbeln (86 % in der EU).
  • 77 % sind der Meinung, man müsse jetzt in die Anpassung investieren, um höheren Kosten in der Zukunft vorzubeugen ( 85 % in der EU).

Klimawandel und Änderung der Lebensweise

Die Menschen in Deutschland erkennen nicht nur das wirtschaftliche Potenzial von  Anpassungen an den Klimawandel, sie sehen nach persönlichen Erfahrungen mit Extremwetter auch dringenden Handlungsbedarf:

  • 71 % (EU-Durchschnitt: 80 %) haben in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal Extremwetter erlebt. Genauer gesagt, haben 48 % extreme Hitze und Hitzewellen erlebt, 31 % schwere Stürme oder Hagel und 28 % Überschwemmungen im Binnenland.
  • 68 % der Deutschen haben nach eigenen Angaben mindestens eine direkte Folge von Extremwetter erlebt (EU-Durchschnitt: 68 %). Bei 28 % waren es Verkehrsstörungen wie Straßensperrungen, kaputte Brücken oder Verspätungen im öffentlichen Verkehr (7 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt), 23 % berichten von zerstörten Waldflächen oder Naturgebieten in der Nähe ihres Wohnorts und 19 % von Sachschäden, etwa Dachschäden, Überflutungen, Erdrutsche oder Bodenerosion (2 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt).

Die Menschen in Deutschland sind nach eigener Aussage zwar etwas weniger von extremen Wetterereignissen betroffen als andere EU-Staaten, wissen aber, dass es ohne Anpassung nicht geht.

  • 63 % (72 % in der EU) gehen davon aus, dass sie ihre Lebensweise wegen des Klimawandels anpassen müssen.
  • 32 % glauben, dass sie an einen sicheren Ort umziehen müssen, vielleicht auch nur lokal, um Überschwemmungen, Waldbränden oder anderen Formen von Extremwetter zu entgehen.
  • 22 % (EU-Durchschnitt: 28 %) sagen, sie müssen in eine kühlere Region oder ein kühleres Land ziehen.

Wer sich persönlich an den Klimawandel anpassen will, muss gut informiert sein. Erfreulicherweise fühlen sich 79 % der Deutschen darüber informiert, was sie tun können, um ihre Wohnungen und Häuser sowie ihre Lebensweise wirksam anzupassen (8 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt). Allerdings wissen über zwei Drittel (67 % im Vergleich zu 60 % in der EU) nicht, welche staatlichen Hilfen oder finanziellen Anreize es für solche Maßnahmen gibt.

Prioritäten bei der Anpassung

Folgende Maßnahmen haben für Deutsche bei der lokalen Klimaanpassung Priorität:

  • Abkühlung der Städte durch Bäume am Straßenrand und mehr Grünflächen (45 % gegenüber 42 % in der EU)
  • Verbesserung der Infrastruktur, zum Beispiel  bessere Entwässerungs- und Hochwasserschutz-Systeme, Unwetter-Schutzräume oder stabilere Stromnetze (39 %)
  •  Aufklärung über Vorsorge und Verhalten bei Extremwetter (32 % gegenüber 38 % in der EU)

Die Frage, wer für die Klimaanpassung bezahlen sollte, beurteilen die Befragten so:

  • 32 % finden, Unternehmen und Branchen, die am stärksten zum Klimawandel beitragen, sollten die Kosten tragen
  • 30 % würden die Kosten gleichmäßig auf alle verteilen
  • 18 % meinen, wohlhabendere Personen sollten die Kosten über höhere Steuern tragen

Wer soll bei der Anpassung zuerst unterstützt werden?

  • 34 % glauben, alle sollten gleich gefördert werden
  • 32 % sind der Meinung, ältere Menschen sollten Vorrang haben
  • 25 % sagen, Menschen in Hochrisikogebieten sollten vorrangig unterstützt werden

In der Frage, wer überhaupt bei der Anpassung unterstützt werden soll, blicken die Befragten über den lokalen Tellerrand hinaus. Die meisten Menschen in Deutschland (mit 56 % knapp unter dem EU-Durchschnitt von 57 %) sehen bei der Unterstützung von Anpassungsmaßnahmen globalen Handlungsbedarf. Sie sagen, ihr Land sollte den am stärksten betroffenen Entwicklungsländern mehr helfen, sich an die zunehmenden Folgen des Klimawandels anzupassen.

Hintergrundinformationen

EIB-Gruppe

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist die Einrichtung der Europäischen Union für langfristige Finanzierungen. Ihre Anteilseigner sind die Mitgliedstaaten. Die Bank vergibt Mittel für solide Projekte, die zu den Kernzielen der EU beitragen. EIB-Projekte stärken die Wettbewerbsfähigkeit, eine nachhaltige Entwicklung und den sozialen und territorialen Zusammenhalt. Sie fördern Innovationen und beschleunigen den Übergang zur Klimaneutralität.

Die EIB-Gruppe, zu der auch der Europäische Investitionsfonds (EIF) gehört, unterzeichnete 2023 neue Finanzierungen von insgesamt 88 Milliarden Euro – 90 % davon in der EU. Diese Mittel werden voraussichtlich Investitionen von rund 320 Milliarden Euro anschieben, 400 000 Unternehmen erreichen und 5,4 Millionen Arbeitsplätze schaffen oder sichern.

Alle Projekte, die die EIB-Gruppe finanziert, entsprechen dem Pariser Klimaabkommen. Die EIB-Gruppe fördert keine Investitionen in fossile Brennstoffe. In unserem Klimabank-Fahrplan haben wir zugesagt, in den zehn Jahren bis 2030 ca. 1 Billion Euro für das Klima und ökologische Nachhaltigkeit zu mobilisieren, und wir sind auf gutem Weg dorthin. Über die Hälfte unserer jährlichen Finanzierungen sind für Projekte bestimmt, die direkt zur Eindämmung des Klimawandels, zur Anpassung an seine Folgen und zu einer gesünderen Umwelt beitragen.

In der EU fließt etwa die Hälfte der EIB-Mittel in Kohäsionsregionen, wo das Pro-Kopf-Einkommen niedriger ist. Damit fördert die Bank ein gerechtes Wachstum, um die Lebensstandards anzugleichen.

EIB und Klimaanpassung in Deutschland

Die Europäische Investitionsbank-Gruppe (EIB-Gruppe) unterstützte die grüne Wende in Deutschland 2023 aktiv. Insgesamt stellte sie 8,6 Milliarden Euro bereit, zwei Drittel davon für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit. Ihre langjährige Förderung der Energiewende in Deutschland wurde mit 1 Milliarde Euro für zwei Offshore-Windparks fortgesetzt; einer davon ist der Windpark der EnBW in der Nordsee. Die Bank der EU vergab Mittel für neue Regionalzüge in Baden-Württemberg und für die S-Bahn München. Sie kofinanzierte Stadtbahnen, E-Busse und Ladestationen für einen modernen ÖPNV in Hannover und finanzierte das Anpassungsprogramm der Berliner Wasserbetriebe.

EIB-Klimaumfrage

Als Klimabank der EU hat die EIB heute die Ergebnisse ihrer siebten jährlichen Klimaumfrage veröffentlicht. Mit den Antworten von mehr als 24 000 Befragten zeigt die Umfrage seit 2018, wie die Menschen in der EU und in den USA über den Klimawandel denken. BVA Xsight hat die diesjährige Umfrage vom 6. bis 23. August 2024 online (per Computer, Tablet oder Handy) in den 27 Mitgliedsländern der EU und in den USA durchgeführt. Informationen zur Methodik.


[1] Europa ist nicht auf die sich rasant verschärfenden Klimarisiken vorbereitet | Website der Europäischen Umweltagentur.

Kontakt

Referenz

2024-416-DE