Das Medizintechnikunternehmen Nyxoah hat auf den dringenden Marktbedarf für eine alternative Lösung für obstruktive Schlafapnoe reagiert. Denn das bisherige Behandlungsangebot ist längst nicht optimal. Deshalb entwickelte das belgische Unternehmen ein neues Gerät für diese häufige Schlafstörung.
„Grund war vor allem die hohe Patientenabbruchrate bei der Atemwegsdrucktherapie, der Standardbehandlung bei obstruktiver Schlafapnoe“, erklärt Olivier Taelman, CEO von Nyxoah. „Weil es hier auf Patientenseite einen klaren Bedarf gab, haben wir ein minimalinvasives Neurostimulationsgerät entwickelt.“
Das innovative Gerät Genio von Nyxoah könnte die Wende für Menschen mit mittelschwerer bis schwerer Schlafapnoe sein. An dem Syndrom leiden geschätzte 14 Prozent der Männer und 7 Prozent der Frauen.
Bei der „kontinuierlichen Positivdrucktherapie“ – der Standardbehandlung – müssen die Patienten die ganze Nacht eine unbequeme Atemmaske tragen. Viele haben damit ein Problem, denn die Maske stört beim Schlafen. Die Hälfte von ihnen benutzt sie deshalb nach wenigen Jahren einfach nicht mehr.
Die Europäische Investitionsbank erkannte das Potenzial von Genio für Schlafapnoe-Patienten und gab dem Unternehmen im Juli 2024 37,5 Millionen Euro für Forschung, Entwicklung und Produktion in die Hand.
„Unsere effektive, patientenfreundliche Neurostimulationstechnologie erhöht den Komfort und die Akzeptanz. Sie verbessert die Lebensqualität und ist damit genau das, was die Patienten brauchen“, sagt Taelman.
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Was ist obstruktive Schlafapnoe?
Bei der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) blockiert das Weichgewebe im Hals zeitweise die Atemwege. Das führt zu Atemaussetzern.
Klinische Studien haben gezeigt, dass die Sterblichkeitsrate unter nicht behandelten OSA-Patienten im Laufe der Zeit signifikant ansteigt. Das Schlaganfallrisiko verdoppelt sich, und das Risiko für kardiovaskuläre Mortalität verfünffacht sich sogar.
Durch das Syndrom steigt das Risiko für Herzinsuffizienz um 140 Prozent. Unbehandelt leiden viele Betroffene tagsüber unter Schläfrigkeit und Konzentrationsschwäche. Zudem geht OSA mit einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes einher.
Mit zunehmender Anerkennung der gesundheitlichen Folgen von Schlafapnoe steigt auch die Nachfrage nach einfachen, wirksamen Lösungen. Vor allem bei Patienten, die keine positiven Atemwegsdruckgeräte vertragen.
„Schlafapnoe ist in Europa sehr verbreitet, und viele Patienten haben mit der Standardbehandlung Probleme“, sagt Nicolas Di Prata, Investment Officer bei der Europäischen Investitionsbank, der an dem Kredit für Nyxoah mitgearbeitet hat. „Die Druckmaske stört die Nachtruhe, das Sozialleben und den Partner oder die Partnerin. Deshalb benutzen viele die Maske irgendwann nicht mehr. Für diese Patienten hat Nyxoah nun die Lösung.“
Ohne Maske durch die Nacht
Genio ist minimal-invasiv. Das Gerät wird ambulant unter dem Kinn implantiert und sitzt etwa zwei Zentimeter unter der Haut. Genio hat weder eine externe Batterie noch sonstige sichtbare Teile und ist dadurch komfortabel und diskret.
„Unser Gerät ist langlebig, zuverlässig und eine Alternative zu bisherigen Lösungen für obstruktive Schlafapnoe. Außerdem kostet es das Gesundheitssystem weniger“, meint Taelman. „Genio setzt auf Neurostimulation. So müssen die Patienten seltener ins Krankenhaus, und auch die Kosten für die Behandlung chronischer Erkrankungen sind niedriger.“
Taelman erklärt, wie das Gerät funktioniert:
„Der wichtigste Muskel der Zunge ist der Kinn-Zungen-Muskel, und der Nerv heißt Zungenmuskelnerv. Genio stimuliert diesen Nerv links und rechts direkt unter dem Kinn. Dadurch zieht sich der hintere Teil der Zunge zusammen und drückt sie sanft nach vorn.“
Durch die Stimulierung des Nervs rutscht die Zunge nicht wieder nach hinten in den Hals. So bleiben die Atemwege die ganze Nacht offen.
Im Gegensatz zu invasiven externen Geräten bleibt der Neurostimulator völlig passiv, bis er gebraucht wird.
„Genio funktioniert ganz anders als die herkömmlichen Masken“, erklärt Ginger Smith von der Europäischen Investitionsbank, die an dem Projekt mitgearbeitet hat. „Die Maske drückt Luft in die Atemwege, damit sie offen bleiben. Unser Gerät stimuliert dafür den Zungenmuskelnerv. Das ist ein völlig anderes Gefühl.“
Vertrieb an Schlafkliniken und Arztpraxen
Nyxoah will Genio über strategische Partnerschaften und medizinische Dienstleister vertreiben, die auf Schlafapnoe und damit verbundene Behandlungen spezialisiert sind. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf Europa, wo das Produkt bereits in mehreren Ländern vermarktet wird. Aber auch die USA sind im Visier. Zum Kundenkreis gehören Schlafkliniken, Krankenhäuser und Facharztpraxen, die das Gerät implantieren und den Patienten begleiten.
„Mithilfe der EIB skalieren wir unser Geschäft. So können wir unsere innovative Lösung effektiv auf den US-Markt bringen und gleichzeitig dem zunehmenden Bedarf in Europa gerecht werden“, so Taelman. „Wir werden die Produktion hochfahren, damit wir liefern können, sobald unser Produkt in den USA zugelassen ist. Denn dann dürfte die Nachfrage deutlich steigen.“
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