Diese Woche fand unter dem maltesischen Ratsvorsitz eine zweitägige Konferenz über Straßenverkehrssicherheit statt. Die teilnehmenden Sachverständigen und Interessen- und Entscheidungsträger diskutierten über neue Maßnahmen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Bei einem Kaffee sprechen wir mit Per Mathiasen, dem Verkehrssicherheitsexperten der EIB, über seine Sicht der Dinge.
Diese Woche fand unter dem maltesischen Ratsvorsitz eine zweitägige Konferenz über Straßenverkehrssicherheit statt. Die teilnehmenden Sachverständigen und Interessen- und Entscheidungsträger diskutierten über neue Maßnahmen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Bei einem Kaffee sprechen wir mit Per Mathiasen, dem Verkehrssicherheitsexperten der EIB, über seine Sicht der Dinge.
Wie verändert sich die Einstellung zur Verkehrssicherheit?
Die Medien berichten vor allem über tragische Busunfälle. Viel mehr Menschen sterben aber im Straßenverkehr, die nicht einmal fahren – nämlich Fußgänger. In den meisten Ländern mit niedrigem oder durchschnittlichem Einkommen zählen Fußgänger nicht als „echte Verkehrsteilnehmer“ und werden deshalb in der Verkehrspolitik häufig nicht berücksichtigt. Deswegen führen ihre Wege oft an vielbefahrenen Straßen entlang, oder sie müssen Fahrbahnen überqueren. So werden Jahr für Jahr Millionen von Fußgängern verletzt oder gar getötet. Durch den Tod eines Einzelnen kann eine ganze Familie über Jahre in Not geraten, wenn zum Beispiel der Ernährer wegfällt. Aber auch die Gesellschaft leidet: Die sozioökonomischen Verluste durch Verkehrsunfälle belaufen sich auf rund 1,5 bis 3 Prozent des BIP.
Früher wurden Verkehrsunfälle noch als notwendiges Übel betrachtet. Erstmals wurde dieses Dogma 1997 in Frage gestellt: Dem schwedischen Konzept „Vision Zero“ zufolge sind Verkehrsunfälle vermeidbar und deswegen nicht akzeptabel. Nach und nach setzte sich diese Sichtweise in ganz Europa durch – in der Automobilindustrie ebenso wie im Verkehrssektor. Heutzutage gelten die europäischen Standards und die Erfahrungen im Bereich der Verkehrssicherheit weltweit als wegweisend. Das vorhandene Know-how muss dringend mit anderen Ländern geteilt und auch außerhalb der EU eingesetzt werden.
Momentan gibt es jedes Jahr weltweit 1,25 Millionen Verkehrstote, und es zeichnet sich nicht ab, dass diese Zahl so bald sinken wird. Die UNO hat Verkehrsunfälle als hohes Gesundheitsrisiko eingestuft und 2011-2020 zum „Jahrzehnt der Sicherheit im Straßenverkehr“ ausgerufen. Außerdem hat sie die Verkehrssicherheit in ihre Ziele für eine nachhaltige Entwicklung aufgenommen – im Zeitraum 2010-2020 soll die Zahl der Verkehrstoten halbiert werden. Diesem sehr ehrgeizigen Ziel haben sich alle Mitgliedstaaten der UNO offiziell angeschlossen. Deswegen sollte das Thema Verkehrssicherheit in allen Ländern, in denen die EIB aktiv ist, einen hohen Stellenwert einnehmen. Vor allem Europa muss mit gutem Beispiel voranschreiten. Die Bank steht daher vor einer großen Herausforderung und trägt bei der Finanzierung von Verkehrsprojekten außerhalb der EU eine große Verantwortung.
Welche Rolle spielt die EIB bei der Förderung der Verkehrssicherheit?
Die EIB kann viel bewirken. Wir legen die EIB-Verkehrssicherheitsleitlinien an, die auf der Verkehrssicherheitsrichtlinie der EU aufbauen. Dabei beurteilen wir unter anderem die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und die Sicherheit von Fußgängern. Damit wird die Sicherheit (aller Verkehrsteilnehmer) bereits in einer frühen Projektphase berücksichtigt. Mithilfe von Straßenverkehrssicherheitsaudits werden Sicherheitsmängel schon während der Projektplanung erkannt und beseitigt. Die Audits sind für die Bank das wichtigste Werkzeug bei der Prüfung der Sicherheitsanforderungen. Um sicherzustellen, dass die vereinbarten Maßnahmen in die Tat umgesetzt werden, sollten die Audits während der Bauphase und in der frühen Betriebsphase des Projekts wiederholt werden.
Wir fordern unsere Kunden auf, sich diesem Vorgehen anzuschließen. Daraus lassen sich nützliche Empfehlungen für die Planung von Straßen ableiten. Unfälle und teure Korrekturen nach Abschluss der Projekte können so vermieden werden. Außerdem unterstützen wir unsere Kunden durch Beratung, die Beantragung von Zuschüssen und technische Hilfe. Die Bank muss die Sicherheitsmaßnahmen oft genauestens steuern und überwachen, z. B. indem sie Ausschreibungsunterlagen daraufhin überprüft, ob Sicherheitsanforderungen in die Dienst- und Werksverträge aufgenommen werden. Wir hoffen, dass diese Initiativen letztlich dazu führen, dass die Bieter das Know-how über Verkehrssicherheit als Wettbewerbsvorteil auffassen.