- Anzahl der FuE-Kräfte in Mittel-, Ost- und Südosteuropa hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt; Investitionen in geistiges Eigentum stiegen von 10 auf 12 Prozent
- Produktivität ist stärker gewachsen als in Nord- und Westeuropa und stärkt die Region im Wettbewerb; zuletzt zeichnet sich aber eine Verlangsamung ab
Auf der Invisso-Konferenz in Wien hat die Europäische Investitionsbank (EIB) ein umfassendes Working Paper zum Stand der Innovation in den mittel-, ost- und südosteuropäischen Ländern der EU vorgestellt. Hintergrund sind die Diskussionen über die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU. Das Paper zeigt auf, welch enorme Fortschritte die Region in den letzten zehn Jahren in puncto Innovationskapazität gemacht hat. Gleichzeitig verweist es auf anhaltende Probleme, die Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit bedrohen.
Innovationen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa werden durch zahlreiche Hürden behindert, die auch in anderen Regionen bestehen. Für Innovationen braucht es Fachkräfte, geeignetes Risikokapital, die Einführung neuester Technologien und bessere gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen. Wegen des Arbeitskräftemangels verlagern bereits einige Unternehmen in Nord- und Westeuropa ihre Innovationstätigkeit nach Mittel-, Ost- und Südosteuropa – und dort vor allem in die weniger entwickelten Gebiete.
EIB-Vizepräsident Kyriacos Kakouris: „Für mehr Konvergenz müssen die Länder in Mittel-, Ost- und Südosteuropa kräftig in Innovationen investieren und damit auch in Forschung und Entwicklung und in gut ausgebildete Fachkräfte. Deshalb unterstützt die EIB dort die Innovationslandschaft. Gemeinsam mit einheimischen Akteuren und internationalen Partnern des öffentlichen und privaten Sektors überwinden wir die Innovationshürden und stellen sicher, dass die Region im globalen Wettbewerb bestehen kann.“
Wie aus dem Working Paper hervorgeht, haben die Firmen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa in den letzten zehn Jahren ihr Personal im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) verdoppelt und ihre Investitionen in geistiges Eigentum von 10 auf 12 Prozent erhöht. Gleichzeitig stieg ihre Arbeitsproduktivität in diesem Zeitraum mit jährlich 1,9 Prozent deutlich stärker als in Nord- und Westeuropa. Allerdings leidet die Region nach wie vor unter einem gravierenden Fachkräftemangel. Zudem haben nur acht der 2 500 weltweit größten FuE-Investoren ihren Sitz in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Allein Deutschland meldete 2023 beim Europäischen Patentamt fast 25 000 Patente an. In Mittel-, Ost- und Südosteuropa waren es insgesamt nur 1 600.
Laut dem Paper belaufen sich auch die FuE-Ausgaben in der Region (0,8 Prozent der Wirtschaftskraft) nur auf etwa die Hälfte der Ausgaben in Nord- und Westeuropa (1,8 Prozent). Die Innovationstätigkeit von Firmen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa konzentriert sich hauptsächlich auf das verarbeitende Gewerbe, Informations- und Kommunikationstechnologien und Arzneimittel. Dabei bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen und Ländern. Die Region verzeichnet war ein stärkeres Produktivitätswachstum als der Norden und Westen der EU. Doch nun zeichnet sich eine Verlangsamung ab.
EIB-Chefvolkswirtin Debora Revoltella: „Mittel-, Ost- und Südosteuropa muss unbedingt innovativer werden, um den Lebensstandard zu heben und die Wettbewerbsposition zu stärken. Unseren Untersuchungen zufolge braucht die Region unbedingt gezielte Maßnahmen für mehr Fachkräfte und geeignetes Risikokapital wie Venture Capital. Nur so kann sie innovationsgetriebenes Wachstum fördern und ihr Wachstumsmodell modernisieren.“
Die Länder-Grafiken im Paper geben einen Überblick über die jeweiligen Innovationsmerkmale und veranschaulichen, welchen erheblichen Beitrag forschungsintensive Sektoren zum BIP-Wachstum leisten.
Das Working Paper ist Teil einer gemeinsamen Studie der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) zur Wettbewerbsfähigkeit der Länder in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.
Hintergrundinformationen
EIB
Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist die Einrichtung der Europäischen Union für langfristige Finanzierungen. Ihre Anteilseigner sind die Mitgliedstaaten. Sie vergibt Mittel für Investitionen, die zu den Kernzielen der EU beitragen. EIB-Projekte stärken die Wettbewerbsfähigkeit, eine nachhaltige Entwicklung und den sozialen und territorialen Zusammenhalt. Sie fördern Innovationen und beschleunigen den Übergang zur Klimaneutralität.
Die EIB-Gruppe, zu der auch der Europäische Investitionsfonds (EIF) gehört, unterzeichnete 2023 neue Finanzierungen von insgesamt 88 Milliarden Euro für über 900 Projekte. Diese Mittel werden voraussichtlich Investitionen von rund 320 Milliarden Euro anschieben, 400 000 Unternehmen erreichen und 5,4 Millionen Arbeitsplätze schaffen oder sichern.
Alle Projekte, die die EIB-Gruppe finanziert, entsprechen dem Pariser Klimaabkommen. Die EIB-Gruppe fördert keine Investitionen in fossile Brennstoffe. In unserem Klimabank-Fahrplan haben wir zugesagt, in den zehn Jahren bis 2030 ca. 1 Billion Euro für das Klima und ökologische Nachhaltigkeit zu mobilisieren, und wir sind auf gutem Weg dorthin. Über die Hälfte unserer jährlichen Finanzierungen sind für Projekte bestimmt, die direkt zur Eindämmung des Klimawandels, zur Anpassung an seine Folgen und zu einer gesünderen Umwelt beitragen.
In der EU fließt etwa die Hälfte der EIB-Mittel in Kohäsionsregionen, wo das Pro-Kopf-Einkommen niedriger ist. Damit fördert die Bank ein gerechtes Wachstum, um die Lebensstandards anzugleichen.