Ein roter Faden
Die Fragilität von Staaten ist ein komplexes Phänomen. Sie ist eng mit anderen Entwicklungsthemen wie Klimawandel, Geschlechtergleichstellung und Migration und Vertreibung verknüpft. Die Europäische Investitionsbank leistet in jedem dieser Bereiche wichtige Beiträge.
I. Klimawandel
Der Klimawandel ist ein wichtiger Auslöser fragiler Situationen und vervielfacht Bedrohungen. Das heißt nicht, dass Konflikte nur wegen des Klimawandels entstehen, aber sie verschärfen eine vorhandene Fragilität oft noch. Er dürfte auch dazu führen, dass Konflikte und Gewalt zunehmen. Konflikte und Fragilität wiederum hindern ein Land daran, auf den Klimawandel zu reagieren und sich daran anzupassen. Eine eigentlich ausweglose Situation.
Gleichzeitig kann Klimaschutz auch zur Konfliktvermeidung beitragen. Weniger Fragilität erhöht die Erfolgschancen von Umwelt- und Klimainvestitionen, weil die Länder handlungsfähiger sind. Als Klimabank der EU will die EIB ihre Erfahrungen mit Klimafinanzierungen verstärkt in Projekte in fragilen Umgebungen einbringen.
II. Gleichstellung der Geschlechter
In Programmen und Strategien zur Konfliktvermeidung und Konfliktnachsorge müssen auch Geschlechteraspekte berücksichtigt werden. Zwischen der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am Wirtschaftsleben und der Geschlechtergleichstellung einerseits und dem Frieden in einem Land andererseits besteht ein enger Zusammenhang.6 In einer globalen Studie aus dem Jahr 2015 wurde die Gleichstellung der Geschlechter sogar als wichtigster Indikator für Frieden genannt. Beiträge zur Geschlechtergleichstellung sind also gleichzeitig auch Beiträge zur Konfliktvermeidung in fragilen Kontexten.
Frauen leiden unverhältnismäßig stark unter den Auswirkungen gewaltsamer Konflikte. Gleichzeitig spielen sie eine entscheidende Rolle beim Friedensaufbau, auch wenn ihnen Machtpositionen häufig verwehrt bleiben. Während und nach Konflikten übernehmen Frauen häufig eine aktive Rolle in der Gesellschaft. Oft nehmen sie den Wiederaufbau in die Hand und leisten humanitäre Hilfe. So war es auch nach dem Völkermord von 1994 in Ruanda und bei den Friedensverhandlungen in Kolumbien, deren Ergebnis international als einmalig feministisches Friedensabkommen in die Geschichte einging.
Seit 2018 bietet die Europäische Investitionsbank ihren Beschäftigten Schulungen zu dem Zusammenhang zwischen Geschlechtergleichstellung und Fragilität an. Sie bemüht sich, die Gleichstellung der Geschlechter auch in fragilen Kontexten durchgängig zu berücksichtigen.
III. Migration und Vertreibung
Im Jahr 2019 mussten 70,8 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen – so viele wie noch nie zuvor. Unter ihnen waren 25,9 Millionen Flüchtlinge.7 Der weitaus überwiegende Teil von ihnen waren jedoch Binnenvertriebene aus Konfliktregionen. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Migration und Vertreibung seit einigen Jahren in der Entwicklungspolitik weltweit ganz oben auf der Agenda stehen.
2016 startete die Europäische Investitionsbank die Initiative zur Stärkung der wirtschaftlichen Resilienz als Teil der Reaktion der Europäischen Union auf die Herausforderungen in der südlichen Nachbarschaft und im Westbalkan. Die Resilienzinitiative kombiniert Gebermittel mit EIB-Mitteln. Die Regionen sollen in die Lage versetzt werden, auf Krisen wie Flüchtlingsströme, Konjunkturabschwünge, politische Instabilität und Naturkatastrophen zu reagieren. Die Initiative soll auch Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum fördern.