Allein durch eine andere Ernährung könnten wir die Umweltbelastung deutlich reduzieren – wenn wir mehr Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, Nüsse und Saaten essen und bei Fleisch und Milchprodukten darauf achten, dass sie nachhaltig erzeugt wurden.
Anders essen
Noch immer gibt es Menschen auf der Welt, die hungern müssen, während die meisten von uns mehr essen als je zuvor – und vor allem mehr Fleisch.
Seit den 1960er-Jahren ist die weltweite Nahrungsmittelproduktion geradezu explodiert. Laut dem Weltklimarat hat sich die Produktion von Fleisch und Pflanzenöl seit 1961 verdoppelt. Das Pro-Kopf-Angebot an Kalorien ist seither um rund ein Drittel gestiegen.
Veränderte Essgewohnheiten haben nach Angaben des Weltklimarats dazu geführt, dass rund zwei Milliarden Erwachsene übergewichtig oder fettleibig sind. Gleichzeitig leiden immer noch etwa 821 Millionen Menschen an Unterernährung.
Das Problem bei Fleisch und Milchprodukten ist, dass die Viehwirtschaft mehr CO2-Emissionen verursacht und mehr Land verbraucht als pflanzliche Eiweißquellen. Allein durch eine andere Ernährung könnten wir die Umweltbelastung deutlich reduzieren – wenn wir mehr Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, Nüsse und Saaten essen und bei Fleisch und Milchprodukten darauf achten, dass sie nachhaltig erzeugt wurden. Bis 2050 könnten wir allein durch die Änderung unserer Essgewohnheiten mehrere Millionen Quadratkilometer Land der Natur zurückgeben und den CO2-Ausstoß radikal reduzieren.
Der ökologische Fußabdruck von Rindfleisch
Die Produktion von Rindfleisch, Fisch und Meeresfrüchten, Eiern und Milchprodukten nimmt rund 83 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Flächen in Anspruch und verursacht 56–58 Prozent der Emissionen (CO2, Methan und sonstige), die in der Land- und Meereswirtschaft anfallen. Gleichzeitig decken wir nur 37 Prozent unseres Eiweißbedarfs aus diesen Nahrungsmitteln und nehmen nur 18 Prozent unserer Kalorien daraus auf, wie aus einer im Magazin Science veröffentlichten Studie hervorgeht. Die Emissionen sind bei tierischen Erzeugnissen höher, weil zur Fütterung der Tiere doppelt so viel pflanzliches Eiweiß benötigt wird, wie uns Fleisch an tierischem Eiweiß liefert.
Aber das ist nicht das einzige Problem: Wenn Wälder gerodet werden, wird CO2 freigesetzt. In Brasilien werden immer wieder Teile des Amazonas-Regenwalds niedergebrannt oder abgeholzt, um Flächen für die Viehhaltung oder den Anbau von Futterpflanzen zu gewinnen. Hinzu kommt, dass Viehfutter zumeist an einem Ort angebaut (Sojabohnen im Amazonasgebiet) und von dort in andere Regionen (Bauernhöfe in Europa) transportiert wird. All dies vergrößert den ökologischen Fußabdruck von Fleisch.
Die Treibhausgasemissionen je 100 Gramm Protein sind laut der Science-Studie bei der Rindfleischerzeugung zwölfmal so hoch wie in der Milchwirtschaft. Der Flächenverbrauch ist 50 Mal so hoch. Milchkühe wiederum stoßen 36 Mal so viel CO2 aus, wie beim Anbau von Erbsen anfällt, die ein guter Lieferant von pflanzlichem Eiweiß sind. Gleichzeitig verbrauchen die Kühe sechsmal so viel Land.
Wir könnten uns einfach alle vegan ernähren. Wenn wir Tierprodukte von unserer Speisekarte streichen, könnten wir laut der Studie den landwirtschaftlichen Flächenverbrauch um rund 76 Prozent senken und den CO2-Ausstoß um 49 Prozent. Durch die Renaturierung von Flächen, die nicht mehr zur Nahrungsmittelerzeugung benötigt werden, könnten der Atmosphäre über die nächsten 100 Jahre jährlich rund acht Milliarden Tonnen CO2 entzogen werden.
Nur kommt veganes Essen vielen Menschen vermutlich nicht auf den Teller. Aber allein schon wenn wir weniger Tierprodukte essen, können wir den CO2-Ausstoß senken. Laut der Studie lassen sich zehn Milliarden Tonnen CO2 einsparen, wenn wir den weltweiten Konsum tierischer Produkte halbieren. Das entspricht 71 Prozent der Gesamteinsparungen, die durch den Verzicht auf Fleisch möglich sind. Den Flächenverbrauch könnten wir damit um 67 Prozent dessen reduzieren, was bei völligem Fleischverzicht möglich wäre.
Eine weitere Option wäre, dass wir zurückverfolgen, wo unsere Nahrungsmittel herkommen, um CO2-arm wirtschaftende Erzeuger zu unterstützen. Denn wie aus der Studie hervorgeht, sind wenige CO2-intensiv wirtschaftende Betriebe für den Großteil der Emissionen verantwortlich. Bei Rindfleisch entfallen 56 Prozent der Treibhausgasemissionen und 61 Prozent des Flächenverbrauchs auf die 25 Prozent CO2-intensivsten Betriebe. Wenn wir darauf verzichten, Fleisch von diesen Erzeugern zu kaufen, ist für die Umwelt schon viel gewonnen.
Weniger Lebensmittel wegwerfen
Die Zahlen sind erschütternd: Rund 25–30 Prozent der weltweit erzeugten Lebensmittel landen laut dem Weltklimarat im Müll. Lebensmittelabfälle verursachten in den Jahren 2010–2016 acht bis zehn Prozent der Treibhausgasemissionen (CO2, Methan, Stickstoffoxid und Fluorgase).
Ein Ende der Lebensmittelverschwendung würde uns bei der Aufgabe, im Jahr 2100 elf Milliarden Menschen zu ernähren, ein gutes Stück voranbringen. Aber dafür müssen wir jeden Produktionsschritt verbessern, von der Erntetechnik über die Lagerung auf dem Bauernhof bis hin zur Infrastruktur, dem Transport, der Verpackung, dem Handel und der Verbraucheraufklärung.
Einige europäische Länder sind das Problem in den letzten Jahren bereits angegangen. In Frankreich landen jedes Jahr geschätzt zehn Millionen Tonnen, oder zehn Milliarden Kilo, Lebensmittel in der Tonne. Deshalb verabschiedete Frankreich 2016 ein Gesetz, wonach Supermärkte mit einer Fläche von über 400 Quadratmetern keine unverkauften, aber noch verzehrbaren Waren mehr wegwerfen oder vernichten dürfen. Stattdessen müssen sie die Waren an Tafeln oder andere wohltätige Organisationen spenden. Einige Länder sind diesem Beispiel gefolgt und haben ähnliche Gesetze beschlossen, darunter Italien, Finnland, die Tschechische Republik und Peru. Im Jahr 2018 ging Frankreich noch einen Schritt weiter und dehnte die gesetzliche Regelung auf die Agrarlebensmittelindustrie und Großküchen aus.
Die Deutschen werfen im Durchschnitt 55 Kilogramm Lebensmittel pro Jahr weg. In Deutschland gibt es bislang kein Gesetz zum Umgang mit Lebensmittelabfällen, aber die Regierung hat sich vorgenommen, die Abfälle bis 2030 zu halbieren. Sie hat dazu eine gemeinsame Initiative gestartet, an der sich Verbraucher, Agrarlebensmittelbetriebe, gemeinnützige Organisationen, Vertreter der Politik und auch die Wissenschaft beteiligen.