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Der öffentliche Verkehr ist enorm wichtig – für einen grünen Wiederaufbau, die Dekarbonisierung, lebenswerte Städte und eine nachhaltige Mobilität in dicht besiedelten Städten. Im Ringen um ihre Klimaziele brauchen die Länder deshalb Lösungen für einen modernen öffentlichen Nahverkehr.

Dafür müssen Städte langfristig investieren und ihre gesamte Mobilität umgestalten. Ob ein Verkehrsprojekt erfolgreich ist, hängt aber nicht nur vom Geld ab. Das Angebot muss auch attraktiv und passgenau sein, damit die Menschen es annehmen.

Der öffentliche Verkehr muss sich im Alltag durchsetzen. Sonst bleibt die Nachfrage gering, und die Investition wird letztlich ein Flop. Aus diesen Überlegungen heraus bat uns Zyperns Hauptstadt Nikosia, ihr geplantes Straßenbahnprojekt zu prüfen.

Wir stellten fest, dass in Nikosia der motorisierte Verkehr den Ton angibt – keine gute Voraussetzung für die Straßenbahn und natürlich auch schlecht für Umwelt und Gesundheit. Deshalb empfahlen wir der Stadt, zunächst mit einem besseren Bus-Angebot mehr Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen, damit sich die Investitionen in hochmoderne Verkehrsinfrastruktur später lohnen.

Für ein grünes Nikosia

Auf Nikosias Straßen wimmelt es von Autos und Motorrädern. Emissionsarm ist in Zypern kaum jemand unterwegs. Das Land hat weltweit mit die höchste Pkw-Dichte (mehr als 629 Autos pro 1 000 Einwohner). Im Großraum Nikosia beträgt der Anteil der Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur drei Prozent, beim Fahrrad sind es sogar nur zwei Prozent.

Der motorisierte Individualverkehr verstopft die Straßen und geht zulasten der Lebensqualität in der Stadt. Die Luft wird schlechter, der Lärm nimmt zu, und die Verkehrssicherheit leidet auch. All das belastet die Gesundheit und macht die Stadt als Wohn- und Arbeitsort weniger attraktiv.

Deshalb wollen Zyperns Regierung und die Stadt Nikosia dem Verkehrsproblem nun mit einem Masterplan für die Mobilität zu Leibe rücken. Er soll Alternativen zum Auto schaffen und durch lokale Ansiedlungen erreichen, dass weniger Menschen zur Hauptverkehrszeit in die Stadtmitte pendeln müssen. Außerdem soll die Stadt lebenswerter werden, mehr öffentlichen Raum für Begegnungen schaffen und barrierefrei werden.

Hürden auf dem Weg zu einem effektiven Straßenbahnnetz

Der Aufbau eines größeren Tramnetzes birgt jedoch Risiken, und zwar von Anfang an. Bevor es mit dem Bau überhaupt losgeht, müssen die Verantwortlichen den Streckenverlauf und Haltestellen festlegen, Umweltstudien durchführen, Konzepte erarbeiten und sich um alle erforderlichen Planungs- und Umweltgenehmigungen kümmern. Das kann Jahre dauern. Die eigentliche Bauphase ist dann vergleichsweise kurz.

Doch auch beim Bau gibt es Hindernisse. Oft müssen Versorgungsleitungen umverlegt oder Straßen neu gebaut werden. Dazu kommen Tunnel, Brücken, Gleise und Haltestellen. In einem dicht besiedelten Gebiet wie Nikosia können solche Bauarbeiten die Mobilität, Wirtschaft und Lebensqualität einschränken.

Je nach den örtlichen Gegebenheiten können die Baukosten erheblich variieren, etwa wenn der Boden den Tunnelbau erschwert oder Abschnitte unterirdisch oder als Hochbahn gebaut werden müssen. Mancherorts ist so ein Projekt nicht teuer. Doch bei schwierigen Bedingungen steigen die Kosten schnell auf das Zehnfache oder noch mehr.

©Construction of the railway./ Shutterstock

Deshalb wandten sich die Behörden von Nikosia 2018 an JASPERS, eine Initiative der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Kommission für technische Hilfe, und baten um eine unabhängige Prüfung ihres Straßenbahnprojekts. JASPERS ermittelte mehrere operative, technische und finanzielle Risiken, die bei der Projektvorbereitung gezielt zu berücksichtigen sind. Als größte Hürde erkannte unser Team jedoch die geringe Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel – genau das, weswegen die Stadt das Projekt überhaupt ins Rollen gebracht hatte.

Daher empfahl JASPERS, schrittweise vorzugehen, damit sich die Straßenbahn in Nikosia letztlich auch durchsetzt. Zunächst muss der aktuelle Projektvorschlag überarbeitet und ein endgültiges Konzept ausgearbeitet werden, das der Tram auf der Straße mehr Platz einräumt und so ihre Erfolgsaussichten verbessert. Außerdem muss das Konzept der Umgebung und den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Sobald der Streckenverlauf feststeht, sollten dort Busse eingesetzt werden, um mehr Interesse am öffentlichen Verkehr zu wecken und ihn attraktiver zu machen. Die Busse würden auch das nötige Fahrgastaufkommen generieren – die Grundvoraussetzung für weitere Investitionen und den Erfolg der Straßenbahn. Je mehr Busspuren und Haltestellen und je besser die Fahrkarten- und Infosysteme, desto mehr Fahrgäste. Und desto näher rückt damit auch die Tram.

Wie gut – und attraktiv – das Angebot ist, hängt stark von Taktung, Fahrpreis und Zuverlässigkeit ab. Nur wenn öffentliche Verkehrsmittel sicher, verlässlich und effizient sind, werden sie auch tatsächlich genutzt. All das entscheidet über den Erfolg eines Straßenbahnprojekts. Ohne die nötige Akzeptanz wird die Stadt mit ihrer Tram nicht viel erreichen. Doch wenn sie in die bestehende Infrastruktur investiert, kann sie die Menschen dazu bringen, Auto und Motorrad stehen zu lassen. Und dann ist Nikosia auch reif für die Straßenbahn.