Nadia Calviño war als Präsidentin der EIB-Gruppe Gast in der Bloomberg-Reihe zur Europawahl und sprach dort zum Thema „2024 und danach – Vision und Strategie der EIB-Gruppe zur Sicherung einer nachhaltigen und fairen Zukunft“.

Präsidentin Calviño umriss ihre Vision für die Zukunft der Klimabank und die EIB-Strategie für schnellere digitale und technologische Innovation, mehr Investitionen in Sicherheit und Verteidigung, Pionierarbeit für die Kapitalmarktunion, die Unterstützung der Ukraine und strategische Investitionen unter der Global-Gateway-Initiative.

Nach dem Event stellte sich Präsidentin Calviño den Fragen von Bloomberg-Reporter Oliver Crook zur Rolle der EIB-Gruppe bei der Unterstützung von Europas Verteidigungsindustrie.

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Wie sorgen wir dafür, dass die Europäische Investitionsbank-Gruppe als Finanzierungsinstitut der EU die europäischen Prioritäten unterstützt, die politischen Prioritäten? Dass sie die Erwartungen der Menschen und Unternehmen in Europa erfüllt? Und dass sie die Rolle stärkt, die Europa bislang gespielt hat, heute spielt und weiter spielen sollte – als eine Kraft für guten Frieden und Stabilität in der Welt? Das ist es, kurz gesagt, was ich verdeutlichen möchte, mit zwei bis drei Beispielen und Gedanken zur Rolle der EIB und unserem Beitrag im Vorfeld der Europawahl. Die Hauptaufgabe der Europäischen Investitionsbank – und dafür wurde sie geschaffen – ist es, als Finanzierungsinstitut der EU in Europas Ziele zu investieren.

Das bedeutete zuletzt einen starken Beitrag, um die Investitionslücke zu schließen, besonders für die grüne Wende. Gewiss zählt das zu den Kernthemen, die jetzt im Vorfeld der Wahl diskutiert werden. Es ist sicher auch einer jener Bereiche, in denen die Realität schneller ist, als die politisch Verantwortlichen gedacht hätten. Europas Unternehmen kommen bei der grünen Wende voran. Sie sehen sie als interessante Geschäftschance. Sie sehen, dass die Klimawende nicht nur eine Sache ist, die mit den Erwartungen und wünschenswerten Vorstellungen von einer nachhaltigen Zukunft für die jüngeren Generationen zu tun hat. Sie ist auch eng verbunden mit unserer Sicherheit, unserer strategischen Autonomie, unserer Wettbewerbsfähigkeit und jetzigen Produktivität. Deshalb ziehen private Geldgeber nun grüne Investitionen in Betracht. Private Unternehmen unterstützen die grüne Wende. Sie setzen diese neuen Technologien ein, und deshalb bleibt die Rolle der Europäischen Investitionsbank als „der“ Klimabank sicher eine Top-Priorität für uns.

Ein zweiter Bereich, der zuletzt stark im Mittelpunkt stand, ist Sicherheit und Verteidigung. Es ist klar, dass Europa seine Sicherheits- und Verteidigungsindustrie hochfahren und stärken muss, und die Europäische Investitionsbank ist bereit, diese Industrie mehr und besser zu unterstützen. Gerade letzte Woche erst hat der Verwaltungsrat unseren Aktionsplan befürwortet und genehmigt, der eine eigene Taskforce vorsieht und eine zentrale Anlaufstelle, die Investitionen beschleunigen soll – mit den sechs Milliarden Euro, die für Projekte im Bereich Sicherheit und Verteidigung vorgemerkt sind. Der Verwaltungsrat befürwortet auch eine Anpassung unserer Dual-Use-Definition. Künftig soll die Anforderung entfallen, dass Investitionen in Dual-Use-Güter von uns nur gefördert werden können, wenn mehr als 50 Prozent der künftigen Erträge aus der zivilen Nutzung kommen.

Das wird uns – zusammen mit unserer neuen Fazilität für Eigenkapitalinvestitionen im Bereich Sicherheit und Verteidigung – sicher erlauben, in diesem Kernfeld mehr zu helfen. Dies sind nur zwei der acht Prioritäten, auf die wir uns künftig konzentrieren wollen. Eine weitere ist die schnellere Digitalisierung und technologische Innovation in Europa. Wir müssen dafür sorgen, dass Europa seinen Wettbewerbsvorteil hält, den wir bei Cleantech, Greentech und auch im Gesundheitswesen klar haben. Außerdem investieren wir in wegweisende Projekte wie Gigafabriken: eine Anlage für die zirkuläre Batterieproduktion in Schweden und die größte europäische Solarmodul-Fabrik in Sizilien. Eine Chipfabrik in Frankreich und andere Flagschiff-Projekte sichern nicht nur den Wohlstand in Europa; sie sichern auch diesen Wettbewerbsvorteil, von dem ich sprach – in einem Kontext, der durch den weltweiten Technologiewettbewerb geprägt ist.

Eines der Grundprinzipien der Europäischen Union ist der soziale und territoriale Zusammenhalt; dessen sind wir uns sehr bewusst. Deshalb fördern wir Investitionen in Regionen, die weniger entwickelt sind. Wir stellen sicher, dass alle Bürgerinnen und Bürger in der EU die Chance haben, Kredite zu erhalten. Damit Talente, die überall gleich verteilt sind, finanziell gefördert werden können. Das ist eine weitere unserer acht Prioritäten. Und um die Liste zu vervollständigen: Bei den externen Aktivitäten werden wir uns auf die politischen Kernprioritäten fokussieren. Außerdem wollen wir Europas Landwirtschafts- und Biotech-Wertschöpfungskette stärken und zur Kapitalmarktunion beitragen, damit wir auch das Wachstum europäischer Tech-Champions und Innovatoren und Europas künftige Einhörner finanzieren können. Ich könnte noch Stunden über all diese Kernprioritäten sprechen. Lassen Sie mich aber mit einer sehr allgemeinen Betrachtung schließen, was die EIB tun kann, um das europäische Projekt weiter voranzubringen und die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen, für pro-europäische Optionen zu stimmen. Schließlich hat diese Reihe hier ja mit der Europawahl zu tun.

Wenn wir uns ansehen, was die EIB in diesen Jahren geleistet hat, wird deutlich, wie viel das den europäischen Mitgliedstaaten gebracht hat. Sie haben 22 Milliarden Euro an Kapital eingezahlt und damit Investitionen von über 5 Billionen Euro mobilisiert. Das erklärt die Fortschritte, die über die Jahrzehnte gemacht wurden – in Sachen Infrastruktur, Innovation, neue Technologien und Wohlstand in ganz Europa. In Zukunft können wir hoffentlich noch mehr zu Europas Prioritäten beitragen. Anders als andere multilaterale Entwicklungsinstitute, die ihre Kapitaldecke stärken müssen, steht die Europäische Investitionsbank-Gruppe sehr solide da. Wir haben ein sehr solides AAA-Rating, ein sehr ausgewogenes Portfolio. Dazu eine der größten Bilanzen unter den multilateralen Finanzierungsinstituten.

Wir werden unseren Anteilseignern vorschlagen, die satzungsmäßige Gearing Ratio zu streichen. Sie ist eine überholte Obergrenze aus den 50er-Jahren, die nicht mehr zum Geschäftsmodell der EIB passt. Sie ist nicht risikobasiert, sie ist keine moderne Verschuldungsquote, wie andere Finanzinstitute sie haben. Wenn wir dieses nominale Limit aus der Satzung streichen, brauchen wir keine Kapitalerhöhung. Dann können wir auch so weiter einen spürbaren Beitrag zu Europas Wohlstand leisten und auch, so hoffe ich, zu einem aus geopolitischer Sicht besseren Zustand der Welt. Mit diesem positiven Gedanken möchte ich schließen und beantworte jetzt gern Ihre Fragen – hier, Arlène, und auch Fragen aus dem Publikum und von jenen, die online zugeschaltet sind.

Vielen Dank!