Auf der Suche nach einem nachhaltigen Sonnenschutz für Mensch und Umwelt: Ein zwei Milliarden Jahre altes Bakterium könnte die Lösung sein
Die Geschichte von UVera beginnt vor etwa zwei Milliarden Jahren.
Damals hatte die Erde keine Atmosphäre und war der Sonneneinstrahlung schutzlos ausgesetzt. Auf der Erde gab es nur wenige Lebewesen. Die ersten Mikroorganismen, die Sauerstoff ausatmeten und einen einzigartigen Schutz gegen Sonnenstrahlen entwickelten, waren Cyanobakterien.
Viele Erdzeitalter später erkannte das junge polnisch-spanische Unternehmen UVera, dass es mit dieser erstaunlichen alten Lebensform, die es heute noch gibt, möglicherweise genau das gefunden hat, was es schon lange sucht: ein Molekül, das sich als ungefährliches Sonnenschutzmittel für Umwelt und Mensch eignet.
„Es ist wirklich angenehm, mit etwas zu arbeiten, das die Evolution geschaffen hat, und nicht mit etwas Synthetischem“, so Adam Kiciak, Mitbegründer und Medizinvorstand von UVera. „Hier hat die Natur über Millionen von Jahren ein ideales Produkt hervorgebracht.“
Drei Fachleute und ein ganz besonderer Sonnenschutz
Die Idee für UVera und das Sonnenschutzprodukt entstand bei Gesprächen der drei Gründer. Jacek Wierzchos ist ein polnisch-spanischer Wissenschaftler und Experte für Mikroorganismen in extremen Umgebungen, der zuvor bei der amerikanischen Weltraumbehörde NASA zur Möglichkeit außerirdischen Lebens geforscht hat. Ihm war bewusst, dass die Cyanobakterien, an denen er forschte, äußerst nützliche Eigenschaften haben könnten. Magdalena Jander, CEO und weitere Mitbegründerin mit einem Doktor in Biotechnologie, hat vorher mehrere Life-Science-Projekte mit kommerziellen Anwendungen betreut. Der dritte Mitbegründer, Adam Kiciak, ist Arzt mit Erfahrung in der Pharmaindustrie. Als die drei sich zusammenschlossen, entstand eine ganz besondere Synergie, die außerordentliche Ergebnisse hervorbrachte.
„Allein, ohne diese Synergie, wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen“, betont Jander.
UVera ist es gelungen, das Molekül einer bestimmten Art von Cyanobakterien zu isolieren, mit dem sich diese Bakterien gegen die Sonne schützen. Und es hat ein System entwickelt, um das Produkt in großen Mengen herzustellen.
Gefahrlos für Klima und menschliche Gesundheit
Der innovative Sonnenschutz von UVera löst gleich mehrere große Probleme, denn alle Sonnenschutzmittel haben Nachteile: Chemische Filter schaden dem Leben im Wasser und der menschlichen Gesundheit, und auch physikalische Filter in Form von Titandioxid und/oder Zinkoxid, die die Sonnenstrahlen abhalten, sind für die Umwelt nicht ideal. Das Gleiche gilt für mineralische Lösungen. Die Aussicht auf einen gefahrlosen Sonnenschutz für Umwelt und Gesundheit ist daher für Kosmetikunternehmen sehr attraktiv.
„Nahezu eine Milliarde Flaschen Sonnenschutzmittel werden jedes Jahr verkauft“, so Jander, „und der Markt wächst noch.“ Das Produkt von UVera wäre perfekt für die Kosmetikunternehmen, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Gewohnheiten nicht ändern müssten.“
UVera erreichte 2021 das Finale des Wettbewerbs für Soziale Innovation der EIB. Mit dem Wettbewerb fördert das EIB-Institut Unternehmen, die Lösungen für ökologische und gesellschaftliche Probleme bieten. Zudem hat UVera zahlreiche Auszeichnungen und Zuschüsse erhalten, darunter Mittel aus dem EU-Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 und den Health Catapult Award des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts.
Heute produziert UVera sein Sonnenschutzmolekül in kleinen Mengen und testet es in verschiedenen Zusammensetzungen mit einigen Kosmetikunternehmen. Statt auf den Aufbau einer eigenen Marke konzentriert sich UVera mehr auf die Forschung und Entwicklung und vergibt Lizenzen für das Molekül an zahlreiche Kosmetikunternehmen. Um größere Mengen seines Produkts herzustellen, baut UVera derzeit eine Pilotfabrik. Hier sollen die Cyanobakterien kultiviert und die Moleküle für den Sonnenschutz extrahiert werden.
Das Molekül ist laut Tests für den Menschen sicher und dringt nicht in die tieferen Hautschichten ein, so Kiciak. Es löst auch keine allergischen Reaktionen aus. Das Unternehmen plant klinische Studien und hofft, das Produkt bis Ende 2022 auf den Markt zu bringen.
Auch weitere Anwendungsmöglichkeiten traut man dem Molekül zu. Da es beispielsweise sehr temperaturbeständig ist, könnte es Titandioxid als UV-Schutz in Farben in der Raumfahrtindustrie ersetzen.
Aktuell steht jedoch erst einmal der Schutz der menschlichen Haut und der Umwelt im Mittelpunkt.
„Ein Sonnenschutzmittel braucht nur eine winzige Menge unseres Moleküls, um die Haut zuverlässig zu schützen“, so Jander. „Nach unseren Berechnungen könnten wir damit die Menge von Sonnencremeresten in den Ozeanen um 99 Prozent verringern.“