Mit seinen 156 Jahren ist der Hafen von Esbjerg eher jung. Schließlich sind viele Häfen in Dänemark und andernorts in Europa bereits Hunderte oder gar Tausende Jahre alt. Doch in dieser relativ kurzen Zeit hat sich der Hafen an der dänischen Westküste schon mehrmals gewandelt – vom Umschlagplatz für Vieh im 19. Jahrhundert zum Fischereihafen in den1920er-Jahren bis hin zur Offshore-Förderung von Öl und Gas in den 1960er- und 1970er-Jahren. Heute steht Europa vor neuen ökologischen und geopolitischen Herausforderungen. Und Esbjerg geht wieder mit.
„Wir haben schon vor einigen Jahren gesehen, dass sich etwas verändert“, erklärt Hafenchef Dennis Pedersen. „Nordsee-Windparks sind für die Energiewende in Europa enorm wichtig. Für ihren Bau müssen wir massiv in die Infrastruktur investieren.“
„Und als Russland 2022 in die Ukraine einmarschierte, wurde klar, dass es nicht mehr nur um die Dekarbonisierung geht, sondern auch um Europas Sicherheit.“
Esbjerg ist schon jetzt wichtig für die Offshore-Windbranche, die von dänischen Unternehmen wie Vestas angeführt wird. Der Hafen gehört zum transeuropäischen Verkehrsnetz. Er ist per Schiene und Straße gut angebunden und bereits für 59 Offshore-Windprojekte in der Nordsee genutzt worden.
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Der Hafen wird größer ...
Doch Offshore-Windräder werden immer größer. Und noch ist kein Ende in Sicht.
Die Verkehrskreisel auf dem Weg zum Hafen wurden bereits umgebaut, damit Schwertransporter sie gerade überfahren können. Denn inzwischen sind die Rotorblätter für neue Anlagen in der windigen Nordsee schon mehr als 100 Meter lang. Damit sind moderne Windräder etwa doppelt so hoch wie ihre Vorgänger – und höher als der Kölner Dom.
Für den Transport und die Montage braucht es Spezialmaschinen und viel Platz. Deshalb investiert der Hafen von Esbjerg nun in ein neues Terminal, das mit 57 Hektar größer ist als 106 Fußballfelder.
...und tiefer
Für Europas Sicherheit und Verteidigung vertieft der Hafen außerdem seine Fahrrinne.
In der Vergangenheit haben Schiffe der NATO Panzerfahrzeuge wie den M1 Abrams und den M2 Bradley aus den USA in den Hafen von Esbjerg gebracht. Im Juni 2024 wurden dort mehr als 700 Fahrzeuge der 1. US-Panzerdivision umgeschlagen und im Jahr 2021 mehr als 300 Stück für die 81. Stryker Brigade der US-Nationalgarde.
Doch für voll beladene Frachtschiffe oder bei Ebbe ist die Fahrrinne zu flach.
Investitionen mit doppeltem Zweck
Für den Hafen von Esbjerg hat der doppelte Fokus mehrere Vorteile.
„Der Offshore-Boom wird mehrere Jahrzehnte anhalten“, sagt Pedersen. „Mit den geplanten Investitionen festigen wir unsere Position in der Windbranche und fördern die Energiewende in Europa. Gleichzeitig eröffnen wir uns neue Routen in die Vereinigten Staaten für die Zeit danach.“
Die Investitionen machen den Hafen zu einem wichtigen Verkehrsknoten für die NATO und werden deshalb von der Europäischen Union und der Europäischen Investitionsbank finanziell kräftig unterstützt. Der Hafen erhält Zuschüsse aus der Connecting-Europe-Fazilität und vom dänischen Staat sowie einen EIB-Kredit über 115 Millionen Euro, den die Bank unter ihrer 8 Milliarden Euro schweren Strategischen Europäischen Sicherheitsinitiative vergibt.
Investitionen in Sicherheit und Verteidigung
Die EU-Länder haben die EIB aufgefordert, mehr in Europas Sicherheit und Verteidigung zu investieren. Deshalb hat die Bank diesen Bereich zu einer Priorität erklärt. Sie hat ihre Kriterien für die Kreditvergabe und ihre internen Prozesse angepasst und stellt mehr Mittel für entsprechende Projekte bereit. 2024 richtete die Bank einen One-Stop-Shop für Sicherheits- und Verteidigungsprojekte ein, der Unternehmen finanzielle Unterstützung und Beratung aus einer Hand bietet.
„Der Hafen ist ein klares Dual-Use-Projekt“, erklärt Txema Urrutia Aldama, der bei der EIB Verkehrsprojekte betreut. „Und wahrscheinlich das erste große Dual-Use-Infrastrukturprojekt, das wir finanzieren.“
Wegen der ökologisch sensiblen Umgebung von Esbjerg und des angrenzenden Feuchtgebiets war es für den Projektträger und die Bank vor allem wichtig, die Fahrrinne möglichst umweltschonend zu vertiefen. Ein Großteil des ausgebaggerten Meeresbodens wird beim Ausbau des Hafens wiederverwendet.
ESBJERG PORT EXPANSION
The project will expand the capacity of the Port of Esbjerg, by deepening of the navigation channel to enhance the port's capacity and interconnectivity for both civil and military use. It will also create a new 57ha terminal to cater to the needs of the offshore wind energy industry of the North Sea.