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Der Thunfisch kann einem leidtun. Von keinem anderen Fisch vertilgen wir weltweit mehr. Kein Wunder: Er ist lecker und eine relativ kostengünstige Proteinquelle. Rund eine halbe Milliarde Kilo Thunfisch essen wir Menschen pro Jahr – in Salade Niçoise, Vitello Tonnato, Sandwiches und zig anderen Gerichten.

Das bleibt nicht ohne FolgenÜberfischung ist eine davon: Nach Angaben der International Seafood Sustainability Foundation (ISSF) werden 13 Prozent des Thunfischbestands schneller gefangen als sie nachwachsen können. Beifang ist ein weiteres Problem. Die für Thunfische gedachten Haken und Netze fangen auch Schildkröten, Delfine und andere Fische, die halbtot oder tot zurück ins Meer geworfen werden. Selbst der Mensch kommt nicht ungeschoren davon, denn auf Thunfischfängern kommt es zu Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Sklaverei.

BettaF!sh, ein Start-up aus Berlin, bietet Thunfischfans jetzt eine pflanzliche und ozeanfreundliche Alternative: TU-NAH wird aus Meeresalgen gemacht und umgeht die dunkle Seite der Thunfischindustrie.

2023 schaffte es das Unternehmen in die Endrunde des Wettbewerbs für Soziale Innovation, mit dem das EIB-Institut innovative Firmen auszeichnet, die gesellschaftlich, ethisch oder ökologisch etwas bewirken.

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Mikroalgen machen‘s möglich

„Meeresalgen sind toll“, sagt Lilith Gawol, Teamleiterin Geschäftsentwicklung bei BettaF!sh. „Sie sind nicht nur super nachhaltig, sondern helfen auch dem Ozean sich zu regenerieren. Der Algenanbau fördert die Biodiversität und eine florierende Unterwasserwelt.“

Meeresalgen brauchen weder Land noch Süßwasser, Dünger oder Pestizide. Dafür nehmen sie CO2, Stickstoff und Phosphor auf. Für Fischerinnen und Fischer, die unter Druck stehen, nicht mehr zur Ausbeutung der Meere beizutragen, ist der Algenanbau eine alternative Einnahmequelle.

Und für uns alle sind Meeresalgen ein Superfood voller Mineralstoffe, Aminosäuren und Jod. Es gibt Tausende von Arten und Geschmacksrichtungen, mit Anklängen von Zitrone, Pfeffer oder sogar Trüffel. In der ostasiatischen Küche sind Algen seit Langem ein Grundnahrungsmittel, vor allem in Japan. Nach Angaben der Welternährungsorganisation entfielen 2019 mehr als 97 Prozent des weltweiten Algenanbaus auf Asien.

In Europa sind sie hingegen immer noch ein Nischenprodukt. „Wenn Sie die Leute über Meeresalgen aufklären, stimmen eigentlich alle zu: Das Produkt ist nährstoffreich und nachhaltig. Pur essen will es dann aber doch keiner“, sagt Gawol.

Von Glibber zum Genuss

Die BettaF!sh-Gründer Jacob von Manteuffel und Deniz Ficicioglu, ein Ressourcenmanager und eine Kochbuchautorin, haben sich überlegt, wie wir uns auf einem überlasteten Planeten in Zukunft ernähren – und wie sich die Leute wohl für Meeresalgen begeistern lassen. Was sie damit ersetzen wollten, war schnell klar: Thunfisch, einen der beliebtesten Speisefische weltweit.

Das Wie war schwieriger: Monatelang tüftelte BettaF!shs Produktentwicklungsteam an neuen Verfahren. Das schlammfarbene, glibberige Ausgangsprodukt konnte ja nicht so bleiben. Und schmecken sollte es auch noch, trotz Dosenverpackung. Das ist eine besondere Herausforderung, denn Proteine verändern sich unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen, beides Voraussetzung für eine längere Haltbarkeit.

Herausgekommen ist TU-NAH, ein Produkt aus nordeuropäischen Bio-Meeresalgen mit Ackerbohnen als Proteinbasis. Ohne Soja, Hefe, Konservierungsstoffe und Zucker. Gawol hat‘s probiert und war von Geschmack und Textur so begeistert, dass sie daraufhin bei BettaF!sh anheuerte. „Die Lebensmittelindustrie kennt sich mit Meeresalgen noch nicht besonders gut aus. Aber das Produktentwicklungsteam hat es geschafft, Lebensmittel auf Algenbasis zu konzipieren, die lecker aussehen und schmecken“, sagt sie.               

TU-NAH ist flockig und zarter als Thunfisch – mit einem angenehmen Umami-Geschmack des Meeres. Ungewürzt in der Dose oder als Aufstrich in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Verkauft wird TU-NAH über den eigenen Onlineshop und über Einzelhändler wie Müller. Außerdem gibt‘s das Produkt in bestimmten Restaurants (zum Beispiel in der Pizza- und Pasta-Kette Osteria) und in veganen Fertigsandwiches in Supermärkten und Verkaufsautomaten. Vorerst konzentriert sich BettaF!sh auf den europäischen Markt; später will das Unternehmen das Netz weiter auswerfen.

Bettaf!sh
Bettaf!sh

Fühlt sich an wie Thunfisch, schmeckt wie Thunfisch

Die Konsumentinnen und Konsumenten geben dem Unternehmen beim Bewertungsportal Trustpilot 4,6 von 5 Sternen. „Geschmack und Textur des veganen Thunfischs hauen mich um. Wirklich genau wie das Original.“ „Ich habe immer so gern Thunfisch-Sandwiches gegessen. Dank TU-NAH kann ich das jetzt wieder, ohne auf Nachhaltigkeit zu verzichten.“ „Selbst mein (nicht veganer) Verlobter findet es klasse!“ 

Japan Airlines serviert auf Flügen zwischen London und Tokio in der Business und First Class einen TU-NAH-Wrap; ein besseres Kompliment gibt es gar nicht, sagt Gawol. „Das will schon was heißen, denn Japanerinnen und Japaner kennen sich mit Meeresalgen und Thunfisch super aus. Deshalb ist Japan Airlines ein Traum-Partner.“

BettaF!sh präsentiert nach eineinhalb Jahren beeindruckende Zahlen: 134 Tonnen Thunfisch nicht gefangen, 136 Tonnen Beifang vermieden, 12 Tonnen Meeresalgen verarbeitet.

Und dabei fängt das Unternehmen gerade erst an. Jetzt will es zeigen, dass mit Meeresalgen noch viel mehr geht. „Es gibt ein Leben nach dem Thunfisch“, sagt Gawol. „Denn in Europa sind natürlich auch noch andere Speisefische super beliebt.“