Projekte ins Rollen zu bringen und kreditfähig zu machen, ist kein Leichtes. Oft dauert es Jahre, ehe von der Dokumentation bis zur Finanzierung alles steht.
Damit strategische Projekte auf dem Westbalkan schneller durchstarten können, richtete die Europäische Kommission 2009 den Investitionsrahmen für den westlichen Balkan (WBIF) ein.
Holger Schröder ist bei der Kommission in der Generaldirektion Nachbarschaft und Erweiterungsverhandlungen für die Regionalprogramme auf dem Westbalkan zuständig. Er weiß, wie das funktioniert: „Der WBIF bringt die EU, internationale Finanzierungsinstitutionen, bilaterale Geber und Empfänger an einen Tisch. So kann er einen viel größeren Gesamtinvestitionsbetrag aktivieren – für Verkehr, Energie, Klima und Umwelt, Humankapital und die Entwicklung des Privatsektors.“
Der WBIF leistete auf dem Westbalkan wichtige Hilfe für die Volkswirtschaften. Gleichzeitig unterstützte er die Länder im Beitrittsprozess und bei der Annäherung an die EU.
Investitionskapazität auf dem Westbalkan
Der WBIF ist das zentrale Instrument, mit dem die EU ihren Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan umsetzt. Dieser Plan wurde 2020 verabschiedet, um die sozioökonomische Integration der Region zu fördern und ihre langfristige wirtschaftliche Erholung voranzutreiben.
68 Flaggschiffprojekte – von nachhaltigem Verkehr über Energie, Digitales, Humankapital, Umwelt und Klima bis zur Entwicklung des Privatsektors – hat der WBIF unter dem Wirtschafts- und Investitionsplan bereits auf den Weg gebracht. Zusammen dürften sie Investitionen von 10,5 Milliarden Euro mobilisieren, davon 3 Milliarden Euro EU-Zuschüsse.
Zu den erwarteten Ergebnissen gehören
- 489 Kilometer neue und ausgebaute Bahnstrecken
- 1 920 Megawatt Erzeugungskapazität aus erneuerbaren Energien
- 123 Kilometer Übertragungsleitungen für Strom
„Projekte, die der WBIF fördert, nützen den Menschen und Unternehmen auf dem Westbalkan ganz konkret“, so Schröder. „Für 1,2 Millionen Menschen hat sich beispielsweise die Trinkwasser- und Sanitärversorgung verbessert, und 220 800 Lernende freuen sich über moderne Bildungseinrichtungen.“
Zuschüsse sind für die Finanzierung wichtig. Über die Garantiefazilität für den Westbalkan springt die EU außerdem mit Geld für Garantien ein, die das Risiko der Investoren abfedern und so Investitionen möglich machen. Auch in der Pandemie und der Energiekrise half der WBIF dem Westbalkan – mit dem 1 Milliarde Euro schweren Energiepaket.
Die EIB als wichtiger Partner
Als Finanzierungsinstitution der EU ist die EIB auch Gründungspartner des WBIF. Bei 23 der 68 Flaggschiff-Investitionen unter dem Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan ist sie federführend. Die EU stellte für diese Projekte unter Leitung der Bank 1,7 Milliarden Euro an Zuschüssen bereit. Damit sollen Investitionen von 5,3 Milliarden Euro angeschoben werden: in erneuerbare Energien, die Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung, Bildungsinfrastruktur und den Schienen-, Straßen- und Schiffsverkehr.
„Die bewährte Partnerschaft mit der EIB ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für den WBIF, vor allem bei großen Infrastrukturprojekten“, weiß Schröder. „Und auch für die Umsetzung des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung Plus schätzen wir die EIB als wichtigen Partner.“
48 Prozent der EU-Mittel über die EIB
Für WBIF-Investitionen unter Federführung der EIB wurden seit 2009 Zuschüsse von 2,1 Milliarden Euro bereitgestellt, für Investitionen von insgesamt 15,6 Milliarden Euro. Unter dem Strich flossen bislang 48 Prozent der WBIF-Mittel in Investitionen, bei denen die EIB eine führende Rolle innehat.
Eines dieser Investitionsprojekte ist der Korridor X. Serbiens wichtigste Nord-Süd-Schienenverbindung gehört zum erweiterten transeuropäischen Verkehrsnetz, das West- und Mitteleuropa mit Griechenland, der Türkei und Westasien verbindet, und wird mithilfe der EIB modernisiert.
Die EIB ist auch der wichtigste internationale Finanzier der neuen Kläranlage und des Abwassernetzes in Podgorica. Und in Bosnien-Herzegowina fördert sie einen neuen Windpark mit 132 Megawatt, der den jährlichen Stromverbrauch von 72 700 Haushalten decken kann.
Wachstumsplan für den Westbalkan
Die EIB und weitere Finanzpartner des WBIF spielen laut Schröder auch beim neuen Wachstumsplan für den Westbalkan eine Schlüsselrolle. Der 2023 beschlossene Plan soll Partner auf dem Westbalkan an die EU heranführen. Dazu erhält die Region schon vor ihrem EU-Beitritt verschiedene Vorteile der Mitgliedschaft, und die sozioökonomische Annäherung wird vorangetrieben.
Mit der sechs Milliarden Euro schweren Reform- und Wachstumsfazilität unter dem Plan erhöht die EU ihre Finanzhilfe. Mindestens die Hälfte davon soll über den WBIF in Infrastrukturinvestitionen fließen – von Verkehr über Energie und Digitalisierung bis zur Entwicklung von Humankapital.
Wer Mittel aus der Fazilität nutzen möchte, muss bei sozioökonomischen und grundlegenden Reformen aus der Reformagenda Fortschritte machen.
„Die Partnerländer haben als Teil ihrer Reformagenda bereits vorläufige Listen von Infrastrukturprojekten, die im Zeitraum 2024–2027 starten sollen“, so Schröder. „Diese Projekte dürften weitere Investitionen von WBIF-Finanzierungspartnern und bilateralen Gebern mobilisieren.“