Es ist ein regnerischer Morgen in Järvenpää, einer Kleinstadt nördlich von Helsinki. Die Straßen sind nass und die Wege matschig, aber der Eingang zur Harjula-Schule ist blitzeblank.
Rechts und links reihen sich Hakenleisten und Fächer für die Mäntel und Schuhe der Schülerinnen und Schüler. Im Gebäude sind alle in Stoppersocken oder Hausschuhen unterwegs, damit es auch bei schlechtem Wetter sauber bleibt.
Durch den Flur gelangt man zu einem hellen Atrium mit Tischen und Stühlen, das auch als Cafeteria dient. Die raumhohen Fenster lassen auch an trüben Tagen Licht herein und geben den Blick frei nach draußen – auf das Spielgelände, eine riesige Kiefer (die zu Weihnachten geschmückt wird) und das angrenzende Wohngebiet mit Ziegelhäusern und hellen, fast leuchtend grünen Rasenflächen.
Am hinteren Ende des Atriums befindet sich eine erhöhte Bühne, die durch eine einziehbare Wand abgeschirmt ist. Dahinter öffnet sich ein größerer Raum, der für Versammlungen, Sportveranstaltungen und Aufführungen genutzt wird. Überall im Gebäude gibt es dicke Faltwände, die sich je nach Gruppengröße öffnen und schließen lassen – ein Kaleidoskop von Räumen, individuell anpassbar, je nach Bedarf.
Die Idee für dieses Konzept stammt von Schulleiterin Tarja Edry und Jan Mikkonen, der für die Entwicklung der pädagogischen Einrichtungen in Järvenpää zuständig ist. Die Harjula-Schule steht in vielerlei Hinsicht für den nächsten Schritt im finnischen Bildungssystem, das schon jetzt als erfolgreich und hochmodern gilt. „Tarja und ich hatten eine gemeinsame Vision, wo wir hinwollten“, sagt Mikkonen.
Diese Vision war der Abschied von der herkömmlichen Schule mit ihren langen Gängen und geschlossenen Klassen. An ihre Stelle sollten offene, flexiblere Räume treten, die verschiedene Unterrichtsformen zulassen: Teamunterricht etwa, bei dem die Lehrkräfte Klassen in Gruppen oder gemeinsam betreuen, Teamprojekte, die Austausch und gemeinsame Problemlösung fördern, und Kreativprojekte, bei denen die Kinder sich frei ausdrücken und ihre Talente zeigen können.
Weil alle Bereiche multifunktional sind, wechseln die Lehrkräfte von einem zum nächsten oder nutzen Räume gemeinsam. Feste Klassenzimmer gibt es nicht mehr. Edry hoffte, die räumliche Öffnung würde die Lehrerinnen und Lehrer aus ihrer Komfortzone holen, sodass sie überdenken, wie Kinder lernen.
Ein ziemlich radikaler Ansatz, und das brachte auch Konflikte mit sich. Einige Lehrkräfte verließen die Schule. „Manche wollten ihren Unterricht nicht ändern und suchten sich eine andere Schule“, so Edry. Das alte Schulgebäude war so, wie wir es kennen. Jede Lehrkraft hatte ihren eigenen Raum. Jetzt ist es „ganz anders“, sagt sie. „Alle mussten sich daran gewöhnen.“