>> Die Reihe „Klimalösungen“ ist auch als Podcast und E-Book erhältlich.
Von Neil Valentine, Meryn Martens und Birgitte Keulen
Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich eine Stadt ohne Staus vor. Kein Gehupe, keine quietschenden Reifen, stattdessen leise vorbeisummende Autos. Nur ab und zu hört man Kinder beim Fußballspielen kreischen. Und jetzt atmen Sie tief ein. Anstelle von Abgasgeruch liegt der Duft von frischer Erde in der Luft. Der Dauerhusten Ihres Kindes hat sich gelegt, und Ihre Augen brennen nicht mehr.
Sie sehen: Der Kampf gegen CO2-Emissionen und andere verkehrsbedingte Belastungen lohnt sich. Das Leben in der Stadt war nicht immer gesund, aber das ändert sich nun. Eine gute Abwasserentsorgung, rigorose Industrieauflagen und strenge Abgasnormen für Fahrzeuge haben das Stadtleben bereits erheblich verbessert. Aber wir können noch mehr tun.
Elektrofahrzeuge
Schluss mit Auspuffgasen
Städte können vom Kampf gegen den Klimawandel und von der Dekarbonisierung des Verkehrs enorm profitieren. Elektrofahrzeuge etwa machen Schluss mit Auspuffgasen. Zudem sind E-Autos nicht nur sauberer, sondern auch effizienter als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Sie verbrauchen grob gerechnet nur ein Drittel so viel Energie wie herkömmliche Autos.
Noch ist die Marktdurchdringung von Elektroautos gering, doch ihre Zahl nimmt exponentiell zu. 2018 stieg die Zahl der Elektrofahrzeuge weltweit auf 5,1 Millionen – das sind zwei Millionen mehr als 2017. Laut Internationaler Energieagentur waren die meisten von ihnen (45 Prozent) in China unterwegs, gefolgt von der Europäischen Union mit 24 Prozent und den Vereinigten Staaten mit 22 Prozent. Doch trotz des beeindruckenden Zuwachses stellen Elektrofahrzeuge nach wie vor nur einen geringen Teil der mehr als eine Milliarde Autos auf unseren Straßen.
In einigen europäischen Ländern ändert sich das jetzt. Norwegen gehört bei der Einführung von Elektrofahrzeugen zu den Vorreitern. Vollelektrische Fahrzeuge machten dort 2019 erstmals den größten Teil der Neuwagenverkäufe aus. Auch in den Niederlanden nimmt der Marktanteil von Elektroautos rasant zu. Im Juni 2019 avancierte das Tesla Model 3 dort zum meistverkauften Fahrzeug.
Europa hat auch beim nächsten Puzzleteil der E-Mobilität Fortschritte gemacht – der Ladeinfrastruktur. Die Anzahl der Ladestationen in der Europäischen Union dürfte bis Ende 2019 von nur 3 800 im Jahr 2011 auf mehr als 150 000 steigen. Der Netzaufbau wird von Unternehmen wie Enel X Mobility vorangetrieben, das bis 2022 in Italien 14 000 Ladestationen einrichten will. Die Europäische Investitionsbank (EIB) unterstützt das Projekt mit 115 Millionen Euro. Auch ähnliche Vorhaben von Allego und GreenWay werden von der EIB gefördert.
Hindernisse auf dem Weg zur Elektrifizierung
Das alles sind Fortschritte auf dem Weg zum Elektroauto, allerdings sind noch einige Hürden zu nehmen. Zunächst einmal müssen die Kosten für Batterien sinken, damit E-Autos so günstig werden wie herkömmliche Fahrzeuge. Und da geht es bereits ordentlich voran. Nach Angaben von Bloomberg New Energy Finance (BNEF), der Research-Abteilung von Bloomberg, sind die Preise für Elektroautos von 2010 bis 2018 um 85 Prozent gesunken.
Eine weitere Aufgabe besteht darin, den Fahrzeugbau und auch die öffentliche und private Verkehrsinfrastruktur umzustellen. Dafür sind enorme Investitionen erforderlich. In einem Weißbuch analysierte der Internationale Rat für sauberen Verkehr (ICCT) die Kosten und den Nutzen einer Umstellung auf emissionsfreie Pkw sowie die staatlichen Mittel, die dafür notwendig sind. Laut ICCT hatten die Automobilhersteller bis Mitte 2018 bereits Investitionen von mehr als 300 Milliarden US-Dollar angekündigt. Diese werden sich nach Ansicht des Rats letztlich durch Einsparungen bei Kraftstoff und Wartung bezahlt machen. In den USA wird die Rentabilitätsschwelle 2025 erreicht, in Deutschland 2028.