Neue Forschungsstation auf der griechischen Insel Antikythera erfasst Daten für Klimamodelle im Mittelmeerraum
Neben der Arktis und der Antarktis gehört der Mittelmeerraum zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen. In dem Gebiet schreitet die Erwärmung um 20 Prozent schneller voran als im globalen Durchschnitt.
Bislang gab es in Südosteuropa jedoch keine voll ausgestattete Station für Atmosphärenforschung, um die Daten zu sammeln, die für den Entwurf von Klimamodellen und die Anpassung der Region an die Klimakrise erforderlich sind.
Für Dr. Manolis Plionis, den Direktor des Nationalen Observatoriums Athen, muss sich dies schnellstens ändern. Der vergangene Sommer mit seinen extremen Hitzewellen und massiven Waldbränden in Griechenland zeigte nur zu deutlich, dass dringend gehandelt werden muss.
„Uns fehlen schlichtweg die Daten, um Klimamodelle zu erstellen“, sagt Plionis. „Wir brauchen detaillierte Daten zu einer Vielzahl von Themen, etwa zu Treibhausgasen, Aerosolen in der Atmosphäre, sogar zum Staub aus der Sahara und zur Wechselwirkung mit der Sonnenenergie, um genau zu sehen, was passiert.“
EU-Gelder für Klimaforschungsstation im Mittelmeerraum
Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Investitionsbank und der griechischen Regierung baut das Observatorium auf der abgelegenen Insel Antikythera vor der Westküste Kretas eine „Super-Forschungsstation“, wie Plionis sie nennt. Alle drei Institute des Observatoriums – Umweltwissenschaften, Geophysik sowie Astronomie und Astrophysik – werden in dem neuen panhellenischen geophysikalischen Observatorium von Antikythera (PANGEA) vertreten sein.
Bekannt ist Antikythera für den Antikythera-Mechanismus, einen antiken astronomischen Rechner, der um 1900 in den Gewässern vor der Insel entdeckt wurde. Für das Observatorium erfüllt dieser Standort mehrere Kriterien:
- Durch ihre abgeschiedene Lage und die geringe Bevölkerung (weniger als 20 Menschen) gibt es auf der Insel sehr wenig menschliche Eingriffe und Luftverschmutzung.
- Im Bereich der Insel kreuzen sich Luftströmungen, die Aerosole wie Wüstenstaub aus der Sahara, Schadstoffe aus Athen und Istanbul sowie Vulkanasche des Ätna in Italien transportieren.
- Die Insel bietet daher ideale atmosphärische Bedingungen für eine zuverlässige Messung der Aerosole und der natürlichen Grundbelastung durch Treibhausgase.
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Labore, Unterkünfte und Daten – die neue Klimaforschungsstation im Mittelmeerraum
Auf Antikythera entsteht mit PANGEA ein großes Forschungszentrum mit Unterkünften für technisches Personal und Forschende aus dem In- und Ausland. Es wird mit zahlreichen Instrumenten zur Erfassung atmosphärischer Daten ausgestattet, über Labore und sogar einen Vortragsraum verfügen und Platz für die Ausrüstung von Gastforschenden bieten. Seinen gesamten Energiebedarf will das Observatorium aus erneuerbaren Energien, hauptsächlich Solarenergie, decken.
Die Europäische Investitionsbank unterzeichnete im Juli 2020 ein Darlehen von 57,5 Millionen Euro an den griechischen Staat zur Finanzierung der Forschungsstation PANGEA und eines neuen ozeanografischen Forschungsschiffes des Griechischen Zentrums für Meeresforschung. Diese Projekte dürften in fünf bis sechs Jahren abgeschlossen sein.
Dr. Nikos Mihalopoulos, Leiter des Instituts für Umweltwissenschaften am Nationalen Observatorium Athen, ist überzeugt, dass das neue Forschungszentrum nicht nur langfristig, sondern auch schon jetzt von großem Nutzen ist.
„Diese hochmodernen Instrumente liefern sicherere Erkenntnisse und ermöglichen genauere Prognosen“, sagt Mihalopoulos und betont, dass diese Informationen entscheidend seien, um sich auf Veränderungen einzustellen und die schlimmsten Folgen mit geeigneten Maßnahmen zu verhindern.
Zugleich sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits sichtbar. „Die neue Forschungsstation wird mit Radaren zur Beobachtung der Wolkenbildung ausgestattet. Ein großes Problem im Zusammenhang mit der Klimakrise sind die extremen Wetterereignisse“, sagt Mihalopoulos. „Wir gehen davon aus, dass die Medicanes, die mediterrane Version eines extremen Tropensturms, zunehmen werden. Uns fehlen noch immer die Instrumente, um ihre Entstehung in Echtzeit zu verfolgen.“
Förderung der strategischen Forschung für Europa
Die Forschungsstation PANGEA wird griechische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Land halten und die Region zu einem wichtigen Zentrum für Forschende aus ganz Europa machen, so Mihalopoulos. „Ein großer Schwerpunkt wird dabei auf Weiterbildung liegen. Das hochmoderne Instrumentarium wird für Forschende aus Griechenland und anderen europäischen Ländern zugänglich sein.“
Geld für Forschungsprojekte ist in Griechenland knapp, vor allem seit der Finanzkrise, erklärt Costas Kargakos, der als Kreditreferent der Europäischen Investitionsbank maßgeblich an der Finanzierung für PANGEA mitgewirkt hat. „Mit dem Kredit helfen wir Griechenland bei Investitionen in strategische Forschungsinfrastruktur. Die Projekte dienen dem Klimaschutz und der Klimaanpassung – und das hat auch für die EIB und die Europäische Union hohe Priorität.“