„Energiespeicher stabilisieren die Preise, gleichen die Schwankungen der Stromerzeugung aus Erneuerbaren aus und fördern Investitionen.“
Auf der italienischen Insel Sardinien steht ein riesiger kuppelförmiger Bau, gefüllt mit dem Klimakiller CO2. Die Kuppel mit dem Spitznamen „der Dome“ ist ein zentraler Bestandteil der „Superbatterie“ von Energy Dome. Das Start-Up aus Mailand will den Klimawandel ausgerechnet mit dem Treibhausgas bekämpfen, das ihn entscheidend mitverursacht.
„Erneuerbare rücken bei der Stromerzeugung immer mehr in den Mittelpunkt. Aber sie haben einen Haken: Die Sonne scheint nicht immer, und manchmal weht auch kein Wind“, meint Paolo Cavallini von Energy Dome. „Wir wollen den erneuerbaren Strom aber Tag und Nacht. Deshalb brauchen wir einen Langzeitspeicher.“
Die Speicherlösung von Energy Dome macht sich die Tatsache zunutze, dass Kohlendioxid im Gegensatz zu Luft ohne energieintensive Kühlung unter hohem Druck verflüssigt werden kann. Das Verfahren nutzt die überschüssige Energie, die tagsüber vor allem durch Solaranlagen entsteht, um Kohlendioxid zu komprimieren und in Stahltanks zu speichern. Als Nebenprodukt entsteht Wärme, die ihrerseits in speziellen Wärmespeichern aufgefangen wird.
Wird nun zusätzlicher Strom benötigt, wird der Prozess umgekehrt: Das flüssige CO2 wird mit der gespeicherten Wärme erhitzt und in Gas umgewandelt. Das Gas treibt eine Turbine zur Stromerzeugung an und wird danach wieder in den „Dome“ geleitet.
„Es ist ein geschlossener Kreislauf. 75 Prozent der gespeicherten Energie werden wieder freigesetzt, sodass das Ganze hoch effizient ist“, sagt Cavallini. „Anders als andere elektrochemische Technologien, die schnell an Leistung verlieren, funktioniert die Anlage 30 Jahre lang ohne Einbußen.“
Mit der Technik lässt sich Energie bis zu zehn Stunden lang speichern, und sie kostet nur halb so viel wie Lithium-Ionen-Batterien.
Die Demo-Anlage von Energy Dome ist die erste ihrer Art und seit zwei Jahren in Betrieb. Derzeit baut das Unternehmen eine Anlage im industriellen Maßstab in Ottana, Sardinien, die pro Entladung 200 Megawattstunden Strom erzeugen können soll. Das entspricht 2 439 Long-Range-Batterien für den Tesla Model 3.
Energiewende vor einem Wendepunkt
Die Energiewende ist bereits auf einem guten Weg. Laut dem Energie-Think-Tank Ember stammen inzwischen weltweit über 30 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen, und wir haben einen Wendepunkt erreicht: Künftig sollte der Anteil des Stroms aus fossilen Energiequellen sinken. Solar- und Windenergie befinden sich in der Europäischen Union in einem sehr viel stärkeren Aufschwung als im Rest der Welt. 2023 fanden Ember zufolge 17 Prozent des globalen Zubaus an Solar- und Windkapazitäten in Europa statt, und die Europäische Union erzeugte 44 Prozent ihrer Energie aus Erneuerbaren.
Aber um den steigenden Strombedarf zu decken und die Nachfrage auch dann befriedigen zu können, wenn das Wetter keine Stromerzeugung zulässt, muss Europa nicht nur in neue Stromerzeugungsanlagen, sondern auch in zwei andere wichtige Bereiche viel Geld investieren: Energiespeicherlösungen und die Netzinfrastruktur. Schätzungen von Bruegel zufolge müssten die Investitionen in Stromerzeugung und -speicherung auf rund ein Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union verdoppelt werden, und die Europäische Kommission ist der Auffassung, dass 584 Milliarden Euro ins Stromnetz investiert werden sollten.
In diesem Artikel befassen wir uns mit verschiedenen innovativen Energiespeicher-Technologien, die in Europa entwickelt werden – und mit den Herausforderungen, die sich aus der Ertüchtigung der Netzinfrastruktur für eine emissionsfreie Stromversorgung ergeben.
- Mehr über die Geschichte der Erneuerbaren
Ein Balanceakt
Investitionen in Speicherkapazitäten reichen aber nicht aus, um das Stromnetz für die Einbindung von erneuerbaren Energien zu ertüchtigen. Die Netzinfrastruktur muss noch weitere Probleme bewältigen.
- Weil die Solar- und Windstromerzeugung schwankt und wetterabhängig ist, können die Netzbetreiber das Stromangebot und den Strombedarf nur schlecht prognostizieren. Zeitweise übersteigt die Stromproduktion den Bedarf. Wenn keine ausreichenden Speicherkapazitäten vorhanden sind, müssen dann z. B. Windparks die Turbinen abschalten und ihre Produktion drosseln.
- Weil Windparks und Solaranlagen häufig weit entfernt von Städten oder Industriegebieten liegen, wo der Strom gebraucht wird, werden gegebenenfalls neue Leitungen benötigt.
- Wenn mehr erneuerbare Energien eingesetzt werden, wird es unter Umständen schwieriger, die Netzfrequenz stabil zu halten. Das bringt Risiken mit sich, denn bei plötzlichen Störungen wie dem Ausfall eines großen Generators oder einer Flaute kann das Netz zusammenbrechen.