2024 könnte für afrikanische Länder einen Wendepunkt markieren: Trotz einiger anhaltender Herausforderungen lässt der wirtschaftliche und finanzielle Druck nach. Staatsanleiherenditen gehen zurück, verschiedene Länder haben wieder Zugang zu internationalen Anleihemärkten – die Bedingungen am Finanzmarkt hellen sich auf. In einigen Ländern mit unverändert hohen Renditen steigen indes die Refinanzierungsrisiken. Und hier und da steht der weltweit zu beobachtende Inflationsrückgang noch aus (möglicherweise liegt die Teuerungsrate 2024 sogar etwas über den 17 Prozent von 2023). All dies könnte eine Lockerung der Geldpolitik in Afrika hinauszögern oder verlangsamen, mit Folgen für die Finanzierung des Privatsektors. Dennoch dürfte Afrikas Wirtschaft 2024 und 2025 zulegen: Die Konjunktur lässt die weltweiten Erschütterungen der letzten Zeit allmählich hinter sich, sodass im Fünfjahreszeitraum 2024–2028 Aussicht auf das stärkste Wachstum seit 2008–2012 besteht.
Financial-Conditions-Index
Der Financial-Conditions-Index der EIB für Afrika umfasst in dieser Ausgabe zehn Länder: Südafrika, Ägypten, Nigeria, Kenia, Marokko, Côte d’Ivoire, Ghana, Tunesien, Senegal und Sambia. Nachdem sich die Finanzierungsbedingungen von Mitte 2021 bis Mitte 2023 drastisch verschärft hatten, deutet sich jetzt eine Lockerung an. In der Phase nach dem Beginn des Ukraine-Krieges war der stärkste Peak-to-Trough-Rückgang seit 2009 zu beobachten. Besonders stark traf die Verschärfung Länder mit einer schwächeren Bonität. Mitte 2023 ließ sie allmählich wieder nach, vor allem in kleineren Ländern, die neu in den Index kamen, und die Bedingungen sind seither lockerer.
Hemmnis: Fehlende Finanzierungen
Obwohl sich die Marktbedingungen verbessern, bleibt der fehlende Kreditzugang ein zentrales strukturelles Hemmnis für die Entwicklung. In Afrika südlich der Sahara ging die Kreditvergabe an den Privatsektor zwischen 2007 und 2022 von 56 Prozent auf 36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zurück. Der private Kapitalstock, der in Afrika unter dem Niveau anderer Regionen liegt, wuchs gleichzeitig relativ schwach. Dies könnte zu einer schwächeren Entwicklung des Privatsektors und einer geringeren Industrialisierung beigetragen haben.
Steigende Überschüsse
Der Überschuss der Banken in Afrika südlich der Sahara legte im Hochzinsumfeld zu, obwohl sich der Spread zwischen den Einlagenzinsen und den Kreditzinsen für den Privatsektor in vielen Ländern verengte. Banken erhöhten ihre Bestände an Staatsanleihen, deren Renditen nach oben schnellten und Überschüsse steigen ließen. Wenn Staatsanleiherenditen jetzt allmählich nachgeben, dürfte sich dies in der Rentabilität niederschlagen.
Fintech-Sektor wächst
Afrikas Fintech-Sektor wächst ungebrochen, die Zahl der aktiven Fintechs liegt 2024 bei 1 263 (2022: 1 049, 2020: 450). Nigeria und Südafrika bringen es zusammen auf fast die Hälfte aller Fintech-Unternehmen. Zahlungen bleiben ihr wichtigstes Produkt in Afrika, sie werden von 33 Prozent der Fintechs angeboten, gefolgt von Krediten mit 19 Prozent. Als Taktgeber für die bessere finanzielle Teilhabe fungiert der Zugang zu digitalen Finanzdienstleistungen, während es bei traditionellen Bankdienstleistungen deutlich langsamer vorangeht.
Banken sehen kaum Klimafolgen
Obwohl Afrika den physischen Risiken des Klimawandels akut ausgesetzt ist, berichten viele Banken nur von begrenzten Auswirkungen auf die Aktivaqualität – häufig, weil sie bei Krediten an die Landwirtschaft zögern, die Klimarisiken am stärksten ausgesetzt ist. In der Umfrage sollten die Banken auf einer Skala von „Zurückhaltend“ (Klimawandel kein signifikantes Risiko) bis „Vorreiter“ (Klima von zentraler Bedeutung für Strategien und Geschäft) angeben, wie sie den Klimawandel beurteilen bzw. aktiv werden. Aktive Banken bieten ihren Kundinnen und Kunden eher grüne Produkte an und stoßen bei grünen Krediten seltener auf interne Hindernisse.
Die EIB in Afrika
Seit Aufnahme ihrer Aktivitäten in Afrika im Jahr 1963 hat die EIB dort viele verschiedene Projekte finanziert, die eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung fördern. In der aktuellen, von geopolitischer Fragmentierung und Unsicherheit geprägten Phase ist Europas Partnerschaft mit Afrika besonders wichtig und sollte intensiviert werden. 2023 eröffnete die EIB Global neue Regionalzentren in Kairo (Ägypten) und Abidjan (Côte d'Ivoire), um näher bei den privaten und öffentlichen Partnern in Afrika zu sein. Im gleichen Jahr vergab die Bank außerhalb der EU 8,4 Milliarden Euro, davon 37 Prozent in Afrika (Afrika südlich der Sahara: 2,5 Milliarden Euro, Nordafrika: 0,7 Milliarden Euro).