„Geothermie, Wellen und Biomasse sind erneuerbare Energiequellen, die das ganze Jahr zur Verfügung stehen. Sie können für Grundlast sorgen und so eine konstante Energieversorgung sicherstellen.“
Die Entwicklung des Systems
Vor dem Projektstart in Deutschland baute Eavor 2019 eine Pilotanlage in der kanadischen Provinz Alberta. Mit nur einer Schleife statt der vier wie beim Eavor-Loop ist die Pilotanlage seit fünf Jahren ununterbrochen in Betrieb.
Unterdessen testet das Unternehmen seine Technologie auch in Animas, im US-Bundesstaat New Mexico, wo die Temperatur im Untergrund mit der Tiefe rasch ansteigt.
„Je tiefer man bohrt, desto heißer wird es und desto effizienter die Anlage“, erklärt Bailey Schwartz, die bei Eavor als Projektdirektorin für Nordamerika zuständig ist. „Dort herrschen beste Bedingungen, um diese Technologien zu erproben. Wir können unsere Bohranlage kühlen und unsere Systeme weiterentwickeln.“
Die erste Schleife der Geretsrieder Eavor-Loop-Anlage soll Ende 2024 ihre Arbeit aufnehmen. Bis 2026 sind voraussichtlich alle vier Loops in Betrieb.
- Lesen Sie mehr über die Energiewende
Was ist Wellenenergie?
Wellenkraftwerke nutzen zur Stromerzeugung die Energie des Meeres. Mit einer geschätzten nutzbaren Energiekapazität von 1,8 Terawatt sind Wellen eine vielversprechende erneuerbare Energiequelle. Sie könnten eine wichtige Rolle bei der Deckung des weltweiten Strombedarfs spielen.
CorPower Ocean, ein schwedischer Technologieentwickler, hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Wellenkraftwerke verlässlich und wirtschaftlich betrieben werden können. Der erzeugte Strom ergänzt Wind- und Solarenergie und kann Lücken bei der Versorgung mit sauberer Energie schließen.
Stürmen standhalten
Ein großes Hindernis für die Nutzung der Wellenenergie war bisher raues Wetter auf See.
„Die Herausforderung besteht darin, robuste Anlagen zu bauen, die auch den stärksten Stürmen standhalten. Zugleich müssen sie im Verhältnis zu ihrer Größe, ihrem Gewicht und ihren Kosten genug Strom erzeugen, um wirtschaftlich zu sein“, erklärt Rebenius.
In der Vergangenheit wurden viele Wellenkraftwerke entweder durch Stürme zerstört oder waren unrentabel. Die Anlagen müssen also robust genug sein, um den Kräften der Meere zu trotzen, und gleichzeitig unabhängig von den Wetter- und Wellenbedingungen kontinuierlich Strom liefern.
VianaWave, das erste Projekt von CorPower Ocean vor der Küste von Aguçadoura im Norden Portugals, ging im August 2023 an den Start. „Seitdem haben wir vier Stürme erlebt. Im schwersten war die Boje 18 Meter hohen Wellen ausgesetzt“, sagt Rebenius. „Das war ein wichtiger Meilenstein für uns: Wir konnten zeigen, dass unsere Technologie auch unter schwierigsten Bedingungen funktioniert.“
Während eines Sturms schalten die Bojen in einen Schutzmodus. Diesen gibt es so ähnlich auch bei Windrädern, die ihre Flügel im Sturm so stellen, dass eine zu schnelle Rotation verhindert wird. Bei normalem Seegang wird die Boje optimal auf die ankommenden Wellen eingestellt, wodurch die Bewegung und die erfasste Energie verstärkt werden.
„Möglich wird das dank unserer innovativen WaveSpring-Technologie, die wie eine Negativfeder wirkt und die Energieerzeugung verdreifacht“, so Rebenius.
CorPower Ocean erhielt für seine vorkommerzielle Wellenenergieanlage im Norden Portugals Unterstützung bei der Projektentwicklung aus dem EU-Innovationsfonds. Die EIB berät das Unternehmen bei der Kapitalstrukturierung, der Erstellung von Unterlagen für die Mittelbeschaffung und bei einem neuen Finanzierungsmodell, das das Fundraising erleichtern soll.
„Projekte wie VianaWave fördern Innovationen, die Skalierbarkeit und das Vertrauen des Marktes in die Wellenenergietechnologie“, sagt Andrea Alessi, Ingenieur bei der EIB. „Sie spielen eine zentrale Rolle beim Übergang zu einer nachhaltigen und resilienten Energiezukunft.“
Die Vorteile der Wellenenergie
Wellenenergie hat mehrere Vorteile.
- Sie ist umweltfreundlich: Wellenenergie verursacht keine Treibhausgase oder Luftverschmutzung.
- Sie hat eine höhere Energiedichte: Wellenkraftwerke nutzen und speichern mehr Energie auf kleinerem Raum als Solar- und Windkraftwerke.
- Sie ist an vielen Standorten nutzbar: Marine Energietechnologien können überall dort im Meer eingesetzt werden, wo es viele Wellen gibt. Dadurch eignen sie sich für die Stromversorgung an abgelegenen Küstenorten und auf Inseln.
- Sie reduziert den Landverbrauch: Zur Infrastruktur mariner Energie gehören Bojen direkt vor der Küste oder in tiefen Gewässern sowie Umspannwerke an der Küste. Im Vergleich zu anderen Energiequellen wird für sie deutlich weniger Landfläche benötigt.
- Sie ist ständig verfügbar und berechenbar: Anders als Wind und Sonne können Wellen das ganze Jahr über rund um die Uhr Strom erzeugen.
„Wellenenergie bietet besondere Vorteile für unterschiedliche Strombedarfe, etwa von Großanlagen, isolierten Verteilnetzen oder schwer erreichbaren Gebieten“, erklärt Alessi. „Sie liefert Strom für entlegene Gegenden und stärkt sie dadurch. Wellenenergie ergänzt andere Ressourcen wie Sonne, Wind sowie Energiespeicherung und braucht keine Flächen an Land.“
„Investitionen in Wellenenergie sind wichtig“, fügt er hinzu. „Sie erweitern den Mix an erneuerbaren Energien, verringern die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und machen die Energieversorgung widerstandsfähiger und nachhaltiger.“
Mehr Forschung erforderlich
Die Vorteile der Wellenenergie liegen auf der Hand. Aber da Wellenkraftwerke verglichen mit anderen erneuerbaren Energien noch in den Kinderschuhen stecken, sind ihre Umweltauswirkungen bislang nur unzureichend untersucht.
Der Bau von Anlagen entlang der Küste oder die Verlegung von Stromkabeln unter Wasser, um die erzeugte Energie weiterzuleiten, könnte sich ungünstig auf die Meeresflora und -fauna sowie auf marine Ökosysteme auswirken. Weitere Forschung ist nötig, um die Folgen von Wellenkraftwerken für die Umwelt zu ermitteln und Strategien zu entwickeln, mit denen mögliche negative Auswirkungen so gering wie möglich gehalten werden.
Darüber hinaus stellen raue Meeresbedingungen, insbesondere im Atlantik und in der Nordsee, besondere Anforderungen an die Langlebigkeit und Wartung der Anlagen.
Das erfolgreiche Projekt von CorPower Ocean könnte ein Wendepunkt für die weltweite Nutzung der Wellenenergie sein.
„Wir haben gezeigt, dass Wellenenergie unter den erneuerbaren Energiequellen eine weitere praktikable Lösung ist“, sagt Rebenius. „Im nächsten Schritt müssen nun mehr Projektentwickler und große Energieunternehmen die Technologie übernehmen und Wellenparks entwickeln. Dann können wir beim Ausbau dieser Energiequelle weltweit einen Gang höher schalten.“
Was ist Biomasse?
Anders als fossile Brennstoffe ist Biomasse eine erneuerbare und umweltfreundliche Energiequelle, die im Überfluss vorhanden ist. Biomasse-Brennstoffe können aus organischen Materialien wie bestimmten Holzarten und landwirtschaftlichen Abfällen produziert werden. Biomasse entsteht durch verantwortungsbewusste Forstwirtschaft, Abfallwirtschaft und Recycling immer wieder neu – ein wesentlicher Unterschied zu den endlichen fossilen Brennstoffen.
Zudem ist das bei der Verbrennung von Biomasse freigesetzte Kohlendioxid Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs. Wenn Bäume und Pflanzen wachsen, entziehen sie der Atmosphäre Kohlendioxid und gleichen so die bei der Verbrennung freigesetzten Kohlenstoffemissionen aus. Dadurch entsteht ein geschlossener Kreislauf, bei dem unter dem Strich kein Kohlendioxid emittiert wird.
Weniger Emissionen in Tschechien
Der Energieversorger Teplárny Brno hat ein auf 15 Jahre angelegtes Projekt in Angriff genommen. Es soll Brünn, die zweitgrößte Stadt Tschechiens mit fast 400 000 Einwohnern, zuverlässig und nachhaltig mit Energie versorgen.
Mithilfe einer Finanzierung der EIB von 75 Millionen Euro plant der Versorger, seine Wärmeerzeugungs- und -verteilungsanlagen zu modernisieren, um die Emissionen zu senken und die Abhängigkeit der Stadt von Gasimporten zu verringern.
„Das Projekt ist eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, die nicht nur Wärme für Wohngebäude, sondern auch Strom liefern wird, was vor allem zu Spitzenlastzeiten wichtig ist“, erklärt Jan Morawiec, Kreditreferent bei der EIB in Prag.
Im Rahmen dieses Projekts wird Teplárny Brno ein neues Biomasse-Blockheizkraftwerk bauen, das 15 Prozent des Wärmebedarfs von Brünn decken wird. Wärme und Strom werden mit Kraft-Wärme-Kopplung durch die Verbrennung von Holzhackschnitzeln erzeugt, die mit der Bahn aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern in der Umgebung der Stadt angeliefert werden.
Energie für die Grundlast
Das Projekt leistet einen Beitrag zum REPowerEU-Plan, mit dem Europa weniger abhängig von fossilen Brennstoffen werden will. Außerdem steht es in Einklang mit den Energiefinanzierungsleitlinien der EIB und ihrem Klimabank-Fahrplan 2021–2025. Es unterstützt darüber hinaus die Kohäsionspolitik der EU, die die Lebensbedingungen in wirtschaftlich schwächeren Regionen verbessern will.
„Biomasse wird ab 2025 voraussichtlich etwa elf Prozent des Erdgases in Brünn ersetzen“, sagt Petr Fajmon, Geschäftsführer von Teplárny Brno. „Die Modernisierung unseres Kraftwerks ist der erste große Schritt auf dem Weg zu einer unabhängigen und nachhaltigen Energieversorgung unserer Stadt. Sie wird die Heizkosten senken und zu einer stabilen Versorgung beitragen.“
Teplárny Brno stellt seit 1930 die Wärmeversorgung der Stadt sicher und ist in Europa einer der Vorreiter bei der Kraft-Wärme-Kopplung. Mit Unterstützung der EIB will der Versorger fünf Kilometer Rohrleitung erneuern, fünfeinhalb Kilometer neue Leitungen verlegen, 16 Übergabestationen modernisieren und 105 neue bauen.
„Wir gehen davon aus, dass die CO2-Emissionen um etwa 38 000 Tonnen pro Jahr sinken werden und die Stickoxidemissionen um sechs Tonnen. Zudem werden wir nach unseren Prognosen jährlich etwa 612 000 Gigajoule nicht erneuerbarer Primärenergie einsparen“, so Petr Fajmon.
Die Gewinnung erneuerbarer Energie aus Geothermie, Wellenkraft und Biomasse ist noch nicht so weit entwickelt oder verbreitet wie Solar-, Wind- und Wasserkraft. „Aber diese erneuerbaren Energiequellen stehen das ganze Jahr über zu Verfügung“, sagt Christos Smyrnakis, Ingenieur in der Abteilung für erneuerbare Energien der EIB. „Sie können eine Grundlast bereitstellen und kontinuierlich Energie liefern.“